Aus dem Kopf gezeichnet


Die psychedelische Kollage auf dem Revolver-Cover ließ sogar die Beatles ausflippen, wie sich Klaus Voormann erinnert.

Womit warst Du gerade beschäftigt, als Du den Auftrag bekamst, das Cover zu gestalten?

Meine Band Paddy. Klaus & Gibson stand vor der Auflösung. Ich war kurz davor, bei Manfred Mann einzusteigen, als mich Johns Anruf erreichte. Er fragte: „Hast Du eine Idee für ein Cover?“ In Hamburg hatte ich die Beatles aus Spaß gezeichnet, nicht aus beruflichen Gründen. Ich hätte fast abgelehnt, denn seit Jahren hatte ich keinen Stift mehr in der Hand gehabt. Aber ich sagte zu und ging ins Studio, wo sie mir ein paar Songs vorspielten.

Welche Songs?

Ich erinnere mich an „Tomorrow Never Knows“. Ich war sprachlos. Sie sahen mich die ganze Zeit über an, so nach dem Motto, „mal sehen, was er von diesem hier hält, haha!“

Hat Dich die Musik als Künstler inspiriert?

Ja, denn derart avantgardistische Musik brauchte ein entsprechendes Cover. Aber wie weit konnte ich gehen? Wie surreal und seltsam durfte es ausfallen? Jedenfalls wollte ich über das normale Maß hinaus.

Wie hast Du ihnen Deine Idee präsentiert?

ch kritzelte mit einem Filzstift verschiedene Skizzen der kleinen Köpfe auf einen großen DIN-A2-Bogen. Ich machte keine große Präsentation, besuchte sie nur mit diesem zusammengefalteten Papier in der Tasche. Das reichte.

Wie hast Du die Fotos ausgewählt?

Ich fragte, ob sie mir Privatfotos überlassen könnten, Babyfotos, was auch immer. Das Foto, auf dem Ringo das gestreifte Trikot trägt, stammte aus einem Magazin. Von dem Foto eines Mädchens, die dieses Poster an der Wand hatte-deshalb dieser seltsame Winkel. Ich hatte ein paar komische Fotos, auf denen John Grimassen zog oder Paul lachte, aber im Großen und Ganzen zeigten die Bilder die nette Seite der Beatles. Ein Foto zeigte Paul auf der Toilette sitzend. Es war, glaube ich, in Hamburg entstanden.

Hast Du zuerst die Zeichnung angefertigt?

Ich machte die Zeichnung, dann klebte ich die Bilder drauf. Die Gesichter zeichnete ich aus dem Kopf. Georges Gesicht war am schwersten umzusetzen, John, Paul und Ringo gingen leicht von der Hand, George war das Problem. Ich bekam sein Gesicht einfach nicht hin, also schnitt ich die Augen und den Mund aus einer Zeitung aus.

Wie war die Reaktion der Beatles?

Ich ging zur EMI, betrat George Martins Büro und stellte das Artwork auf einen Aktenschrank. Brian Epstein war anwesend, George Martin, sein Sekretär und die vier Jungs. Ich war erschrocken, denn niemand sagte etwas. Sie sahen es nur an. Ich dachte: Scheiße, sie hassen es! Dann sah Paul etwas genauer hin und sagte: „Hey, das bin ja ich auf dem Klo!“ George Martin kam dazu und meinte. „Das kannst du nicht zeigen!“ Aber Paul meinte: „Doch, das ist großartig!“ Dann dachte er noch einmal darüber nach und sagte:“.Okay, wir sollten es vielleicht doch rausnehmen.“ Das Eis war gebrochen. Sie begannen, sich darüber zu unterhalten, jeder schien es zu mögen. George mochte es. Ringo mochte es, John mochte es. Doch dann sah ich Brian Epstein weinend in der Ecke stehen. Ich dachte: Oh nein, was macht er da? Er kam zu mir rüber und sagte: „Klaus, das ist genau das, was wir brauchen. Ich war besorgt, die ganze Sache könnte nicht funktionieren, aber jetzt weiß ich, daß dieses Cover, diese LP. funktionieren wird!

Existiert das Original noch?

Ja, aber ich verrate nicht, wo! Ich wollte das immer herausfinden, nur um zu wissen, daß es in Sicherheit ist. Inzwischen weiß ich, daß es in guten Händen ist und in Ehren gehalten wird, worüber ich glücklich bin.