Bei Udo alles im Lot zur Goldverleihung im Riverboat


VW, die beiden deutschen Renommierbuchstaben, haben jetzt eine doppelte Bedeutung bekommen. Sie sind nicht länger nur das Symbol des rollenden Käfers aus Wolfsburg, sondern neuerdings als Initialen der neuen Udo Lindenberg-LP ein unüberhörbares Erfolgszeichen der deutschen Rock-Szene. Udo hat das Unglaubliche geschafft.

In knapp sechs Wochen zog er sich mit 250000 verkauften „Votan Wahnwitz“-LP’s seine zweite „Goldene“ an Land. „Ball Pompös“, das vierte Album des Panik-Rockers, hat inzwischen nämlich auch die Grenze zur Viertelmillion überschritten. Gefeiert wurde die Goldverleihung bei ländlicher Kaffeetafel nach einer Riverboatfahrt auf der Elbe. Längst ist Udo zum Vorbild für viele geworden, die ebenfalls mit mehr oder weniger Glück Schallplatten mit lockeren deutschen Texten veröffentlicht haben. Und die aufsehenerregende „Udo Lindenberg Schau“ im Deutschen Fernsehen hat gezeigt, daß der Panik-Boß nicht nur ein richtungsweisender Texter und hervorragender Musiker, sondern auch ein ernstzunehmender Show-Mensch ist.

Schon jetzt darf man damit rechnen, daß die Lindenberg-Welle in nicht allzu ferner Zukunft auch die bundesdeutschen Kinoleinwände überfluten wird. Die Wahnsinnsshow mit Terri Terror als Geisel entführt werden soll, muß jedoch noch ein paar Monate auf sich warten lassen, weil’s sonst bei Udo mit den Terminen drunter und drüber gehen würde. Schon jetzt bastelt er an seiner nächsten LP, die, wenn alles klappt, rechtzeitig zur bevorstehenden Herbst-Tournee erscheinen soll. Verständlich, daß die Panik-Clique den Inhalt der neuen Scheibe noch wie ein Top Secret behandelt, schließlich will Udo, wenn das Album erscheint, wieder allen um eine gewaltige Nasenlänge voraus sein.

In einem Gespräch, das wir wenige Tage vor der Veröffentlichung von „Votan Wahnwitz“ im „Onkel Pö“ in Hamburg führten, nahm Udo mit prophetischem Weitblick vor allem den professionellen Plattenkritikern den Wind aus den Segeln: „Ich hab‘ ein richtig mulmiges Gefühl in der Magengegend, weil 20 ich glaube, daß die Plattenkntiker die neue Scheibe unheimlich verreißen werden. Persönlich halte ich „Votan Wahnwitz“ für das absolut Stärkste, was ich jemals aufgenommen hab‘, aber nachdem ich seit „Ball Pompös“ ganz oben bin, befürchte ich, daß eine Menge Journalisten jetzt anfangen werden, mich durch den Kakao zu ziehen. Zeitungen leben nun mal vom Ex-und-hopp Superstar, der, sobald er oben ist, wieder in der Versenkung verschwinden muß, weil den Schreibern nichts Neues mehr über ihn einfällt. Zum Glück brauch‘ ich mir deswegen nicht allzu große Sorgen machen, denn ich habe gemerkt, daß meine Fans unzutreffende Journalistensprüche sehr schnell durchschauen. In Berlin hat vor einiger Zeit ein unverständlicherweise sehr angesehener Reporter ziemlich schlimm über eines meiner Konzerte dort geschrieben. Trotzdem war mein nächster Auftritt noch besser besucht. Ich hab‘ eben alles bestens unter Kontrolle.“ Immer aktueller wird für den bundesdeutschen Publikumsmagneten natürlich die Vorbereitung auf eine Karriere im Ausland. Nachdem seine LPs in Österreich und in der Schweiz schon längst, ähnlich wie hierzulande, über die Ladentische der Plattengeschäfte gehen, will Udo sich zunächst mal auf eine Tournee durch diese beiden deutschsprachigen Nachbarländer konzentrieren. Doch spätestens danach wird er sich selbst wohl die schwerwiegende Frage beantworten müssen, ob es Sinn hat, die Panik-Schau dem englischsprachigen Ausland vorzustellen.

Hans-Otto Mertens. der Tournee-Typ von der Hamburger Theater und Konzert GmbH, der außer für Udo auch für den Ostfriesen-Otto die Auftritte organisiert, verriet uns, daß Udo nicht nur bereits einen fähigen Texter gefunden hat, der die Lindenberg-Songs ins Englische übersetzt, sondern daß es in Amerika auch schon einen ernstzunehmenden Tourmanager gibt, der am Panikorchester interessiert ist.

„Da gibt es diesen Mr. Blacker“, meinte Mertens, „der drüben auch die Kraftwerk-Tournee gemanagt hat. Dem ist schon lange klar, wie ernst man die Entwicklung der Rockszene in Deutschland nehmen muß. Als ich ihm bei einem Besuch in New York neulich erzählte, welche Plattenumsätze Udo hier hat, und wie viele Leute hier in die Panik-Konzerte gehen, da wurde der ganz schön hellhörig. Zwei LPs 250000 mal zu verkaufen, das ist auch für amerikanische Verhältnisse ein dickes Ding. An der Nachfrage im Ausland liegt das Problem nicht. Udo ist einfach jetzt schon voll ausgelastet.“ Amerika wird also wohl noch eine Weile auf Mr. Lindenberg aus Germany warten müssen. In der Tat würde ein USA-Trip dem Panikorchester und seinem Boß momentan vermutlich mehr schaden als nützen. Ein dreimonatiger Amerika-Aufenthalt – soviel Zeit muß man für eine gutorganisierte Tournee schon einplanen – könnte Udo bei uns immerhin ein bißchen in Vergessenheit geraten lassen. Hinzu käme das Risiko, daß der erwartete Erfolg in den Staaten ausbleiben könnte. Und wie würde das auf die deutschen Lindenberg-Fans wirken, wenn hier in den Zeitungen zu lesen wäre: „Das Panikorchester trat auf seiner ersten US-Tournee im Vorprogramm von Kraftwerk auf.“ Von Udo ist in diesen Tagen übrigens ein erstes Buch erschienen, das, wie er in der Einleitung versichert, auch nicht sein letztes sein soll. Das auf ziemlich kostspieligem Papier gedruckte Werk dürfte mit knapp 15 Mark für manche Teen-;-cer-Geldbörse vermutlich zu teuer m. Seinen Platz als Liebhaber-Stück wird es sich allerdings wohl trotzdem bei vielen Lindenberg-Fans erobern, zumal die Erstauflage numeriert und mit Originalautogrammen versehen ist. Der Band mit vielen Farbaufnahmen. Interviews, Kommentaren, Songtexten und Udo’s eigener Prosa-Schreibe ist nur in allen GOVI-Plattenläden und beim GOVI-Versand erhältlich. Titel: „Albert Alptraum bis Votan Wahnwitz“.