Bremsklötze gelöst


Nach einem Jahr haben Wolf Parade wieder zusammen musiziert und dabei zurück geblickt auf die gute alte Synthie-Zeit.

Ja, es ist nur ein Witz, dass die heutigen Bandmitglieder von Wolf Parade sich 1986 auf der Expo in Vancouver trafen und im Knabenalter einen Pakt fürs Leben schlossen, der die Welteroberung via Rock’n’Roll beinhaltete. Immerhin, auf der Expo wollen aber alle gewesen sein. Arlen Thompson, der Drummer, erinnert sich noch an den von John Lennon bemalten Rolls-Royce.

Wenn es Wolf Parade 2005 nicht gegeben hätte, man hätte sie erfinden müssen. Mit dem melodramatischen Heuler „Dear Sons And Daughters Of Hungry Ghosts“ und dem Album APOLOGIES TO THE QUEEN MARY verpasste das Quartett dem Indie-Rock neues Adrenalin. Der Lo-Fi-Rock’n’Roll der Kanadier besaß die richtigen Dosen von Bowie-Pathos, New-Wave-Herrlichkeit und den Montreal-Bonus jener Tage. Die Hürde des „schweren zweiten Albums“ hat die Band 2008 dann stolpernd genommen. Keyboarder Hadji Bakara hat sich zwischen zwei Tourneen von der Band verabschiedet, um seinen Doktor zu machen.

2010 stehen Wolf Parade wieder im Saft. Das neue Album EXPO 86 ist der Blick zurück. In zehn neuen Songs greifen Wolf Parade beherzt auf ihre Rock- und Popsozialisation in den 80ern zurück, als Synthies noch hook-lineverdächtig waren. Dan Boeckner, Spencer Krug, Arlen Thompson und Dante DeCaro (Ex-Hot Hot Heat) gehen den einzig möglichen Weg, sie haben die Bremsklötze gelöst, sich auf EXPO 86 von zu vielen Progrockismen befreit. Das funktioniert in einem Beinahe-Live-Sound, angeschoben von kraftvollen Gitarren- und Keyboard-Melodien, die sich aber auch im Krachnetz verfangen dürfen. „Wir wollten die Songs so schnell wie möglich aufnehmen“, sagt Arlen Thompson. „Nach einer Weile spielst du die Songs einfach zu gut, sie sollten nicht perfekt sein.“

Für die Arbeit am Album mussten sie sich jedoch richtiggehend verabreden. Sänger und Gitarrist Boeckner tourte mit Handsome Furs, Sänger und Keyboarder Krug veröffentlichte Platten mit Sunset Rubdown, Swan Lake und Frog Eyes. Arlen Thompson spielte mit seinen Freunden von Wintersleep in einem Bass-Drums-Projekt. „Nach einem Jahr Pause wollten wir es noch einmal wissen. Es war eine tolle Zeit. Es ist wie beim Fahrradfahren, ich war überrascht, wie schnell ich es wieder beherrschte.“

CD im ME S. 19

Albumkritik S. 104

www.myspace.com/wolfparade