Kritik

Kritik zu „Das Boot“ auf Sky: Endlich Land in Sicht


Die Neuauflage des deutschen Kinoklassikers „Das Boot“ distanziert sich stark von seiner Vorlage. Und zeigt, dass das Landleben immer noch spannender ist als einen Haufen Kerle in einer schwimmenden Waffe.

Selten war ein Serientitel dermaßen inakkurat. Denn das exklusiv auf Sky ausgestrahlte Remake „Das Boot“ spielt seine Stärken ausgerechnet in der Hafenstadt La Rochelle aus, wo alle Beteiligten sicher sind vor Torpedos, Stürmen und Wasserbomben. Und wo mit Vicky Krieps und Tom Wlaschiha immerhin die mit weitem Abstand fähigsten Schauspieler installiert wurden. Dazu ist die U-612 eben nicht das Boot aus „Das Boot“, sondern eben nur ein Boot. Ergo hat man in der Neuauflage bewusst nicht versucht, Wolfgang Petersens Klassiker von 1981 zu reanimieren, selbst wenn das der Titel suggeriert.

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Wie der deutsche Kinoklassiker mit Herbert Grönemeyer sieht die Serie maximal in den ersten Minuten aus, in denen eine U-Boot-Besatzung humorlos im Atlantik versenkt wird. Ertrinkt schön, liebe Stilmittel aus den 80ern, 2018 braucht es mehr als schwimmendes Kriegsgerät voller untervögelter und aggressiver Nazis. Starke Frauenfiguren zum Beispiel, die in den acht Episoden für einen Konterpart in der Geschichte sorgen. Mit Vicky Krieps gelingt dabei ein Besetzungscoup. Noch im Frühjahr erntete die Luxemburgerin weltweit Anerkennung, da sie in Paul Thomas Andersons „Der seidene Faden“ dem besten Schauspieler der Welt, Daniel Day-Lewis die Stirn bot, jetzt erfüllt sie das von den Nazis besetzte und ziemlich graubraune La Rochelle mit Leben. Als Übersetzerin Simone Strasser assistiert sie dem Gestapo-Chef Hagen Forster (Tom Wlaschiha) und pflegt zugleich Kontakte zur lokalen Widerstandszelle, deren treibende Kraft übrigens von Lizzy Caplan aus „Masters of Sex“ gespielt wird. Schon wieder so ein Besetzungscoup.

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In La Rochelle verdichten sich jedenfalls schon nach wenigen Episoden kleine und große Schicksale. Die Résistance zündet eine Bombe, Widerstandskämpfer werden enttarnt und Soldaten werden zu Bestien, wenn sie in den Hafen einlaufen und besoffen zu Vergewaltigern werden und ihr Herrenrassen-Denken in barbarische Taten ummünzen. In fast jeder Szene zwischen Wlaschiha und Krieps schwingt dabei die Gefahr der Enttarnung, der drohenden Katastrophe mit. In diesen Momenten ist „Das Boot“ gut gespieltes und noch besser ausgestattetes Spannungsfernsehen, dem man seine 26 Millionen Euro fast in jeder Szene ansieht.

Liebevoll ausgeschlachtet

Vicky Krieps.

Gut ausgestattet ist übrigens auch das Boot, nur leider erst nach einigen Folgen mit interessantem Plot. Mögliche Vorlagen von echten Besatzungen und Ereignissen aus dem Zweiten Weltkrieg wurden verworfen, die Crew der U-612 hat hier die Mission, einen Amerikaner zu einem Austausch auf hoher See zu bringen. Die Enge, die Langeweile, die Konflikte entfalten sich nicht so wie von Andreas Prochaska erwartet. Dazu dürften U-Boot-Freaks, von denen gibt es ja so einige in Deutschland, sich an etlichen Ungereimtheiten stören – man achte nur die Anzahl der Wimpel beim Einlaufen eines Bootes in den Hafen.

Der Wechsel zwischen der Mission unter Wasser und den Intrigen an Land kaschiert aber dennoch geschickt die erzählerischen Schwächen der beiden Handlungsstränge, „Das Boot“ bietet zeitweise hervorragende Unterhaltung. Bavaria, die seit Petersens Film die Rechte an dem Stoff haben, trafen die richtige Entscheidung, indem das Original nicht sklavisch neu verfilmt wurde, sondern ein mit der Marke verschmolzenes Ausgangsszenario um neue Figuren, Sprachen und Perspektiven erweitert wurde. Selbst wenn „Das Boot“ in seiner Neuauflage schlecht geworden wäre, hätte man Wolfgang Petersens Meilenstein somit nicht allzu sehr beschmutzt. So vorbildlich wurde selten eine weltweit bekannte Marke ausgeschlachtet.

„Das Boot“ läuft seit Freitag, dem 23. November auf Sky. Die erste Staffel umfasst acht Episoden. 

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