Die Ärzte


Sie hüpfen nicht mehr so hoch wie früher, aber es reicht noch – zu begutachten in der Münchner Olympiahalle.

Ein altes Rockschreiberlings-Diktum besagt ja: Wer nach einem Konzert seine Notizen noch lesen kann, war nicht dabei. Ein Blick ins Büchlein macht klar, dass wir bei den Ärzten in der Olympiahalle wohl ziemlich dabei waren – freilich weiter hinten im Seniorenbereich, während vorne die mirakulöser- bzw. logischerweise (je nach Sichtweise) ständig nachwachsenden Teenager-Fans den Moshpit schaumig schlugen.

Ein Ärzte-Konzert ist ja, wie weite Teile des Rockes, längst ein Mehrgenerationen-Gaudium. Die einst berechtigte und soziokulturell interessante Frage „Bis in welches Alter kann/darf man so was machen?“ hat sich auch im Zusammenhang mit Belafarinrod irgendwo zwischen den letzten zwei, drei Alben in Egalheit verloren. Sozusagen Stones-haft entrückt in eine zeitentkoppelt-olympische Existenz von Fans Gnaden, machen die Ärzte auf ihre alten Tage aber bessere und unterhaltsamere Platten als die Stones und ihre Deutschrock-Co-Titanen, die Hosen. Wenngleich das aktuelle Werk auch einen gewissen Mangel an querschädeliger Spinnerei aufweist – den man auch beim Konzert spürt. Gemessen an früheren Aberwitz-Exzessen der Ärzte ist das heute eine recht normale Rockshow – soweit man einen dreistündigen Hit-Reigen, an dessen Ende kaum noch Jubel brodelt, weil alle völlig hinüber sind, als normal bezeichnen kann.

Die Wortwitz-Scharmützel zwischen Bela und Farin kommen etwas zäh in Gang, flutschen dann aber; man verzichtet weitgehend auf Kabinettstückchen – keine aufblasbaren Gwendolines, nicht mal eine haarsträubende Bela-Style-Attacke, dafür Verkleidungen als Obelix (Farin) und Dirndl-Walküre (Bela) in der Zugabe, die dann für vieles entschädigen. Es wird sich weniger als gewohnt in länglichen Ansagen verzettelt (schade eigentlich), die „Provokationen“ beschränken sich auf Gefrotzel über die Champions-League-Pleite des FC Bayern (was niedlicherweise tatsächlich ein paar im Publikum übelzunehmen scheinen). Um mit Gerhard Polt – an den die geschmackssicheren Preußen übrigens einen Shout-out raushauen – zu sprechen: „Eine Spitzenkraft, aber die hupfen auch nicht mehr so hoch wie früher.“