Die dicken Beats


Der Dancefloor ist in Bewegung. Wo letztes Jahr noch Prodigy und die Chemical Brothers regierten, dominierten anno 1998 Fatboy Slim und die Propellerheads.

Eins ist mal klar:“Check it out now – the funk soul brother“ – das waren die berühmtesten ersten Worte auf einer Single im Jahr 1998. Klar ist auch, daß Fatboy Slim alias Norman Cook seine Erfolgsgeschichte noch immer nicht so ganz begriffen hat. Muß ja auch ein komisches Gefühl sein, in irgendeinem Hotel einzuchecken und an der Rezeption eine Nachricht von Madonna vorzufinden. Und wenn der Portier dann noch sagt, daß die Dame persönlich durchgeläutet hat, um wegen eines Remixes anzufragen, ist sowieso alles aus. Sowas steckt man auch nach ungefähr 300 Platten und 13 Jahren im Musikbiz nicht so einfach weg. Und am allerklarsten ist schließlich, warum Fatboy Slim 1998 ganz vorne mit dabei ist: Er läßt sich mit einem Smiley im Mund fotografieren und gibt Big Beat damit ein freundliches Gesicht. Außerdem schaffte es Fatboy Slim, so ziemlich alles miteinander zu verheiraten, was ihm in seiner langen Karriere als DJ auf den Plattenteller gekommen ist: Mal quengeln die Surfgitarren, Reggae-Rhythmen gehen zusammen mit Ska-Gebläse, technoide Beats treten Rocksounds tüchtig in den Hintern – und so weiter und so fort. Schön auch, daß der Mann neben seinen multiplen Remix-Jobs und seinem Amt als Vorsitzender des „Skinf‘-Labels immer mal wieder seinem Hobby nachgeht und den DJ gibt. Macht alles in allem: Vorsprung durch Technics. Gut im Big Beat-Rennen waren auch die Propellerheads. Nach diversen Maxis war mit dem Titel des Debütalbums „Decksandrumsandrockandroll“ die Marschrichtung relativ klar: nichts muß, alles kann. Alex Gifford und Will White waren im Schweinsgalopp unterwegs durch Jazz, Funk, Soul, Acid House und diverse Electronica und schafften es sogar,für die Single „History Repeating“Soul-Diva Shirley Bassey glamourös röhren zu lassen. Alle Achtung. Ebenfalls sehr gut auf dem Tanzboden 1998: die Freestylers aka Aston Harvey und Matt Cantor. Dabei erhielten die zwei sogar noch unerwartete Schützenhilfe. Ihr „B-Boy Stance“ hätte es zwar auch so geschafft – aber irgendwie fanden die Gallaghers, daß in dem Track ein „WonderwaH“-Sample zu hören sei, drohten mit Prozeß und gaben sich wie immer: notorisch humorlos. Es sollte der Schaden der Freestylers nicht sein. Ein richtiger Klopfer auf dem Dancefloor war auch Jason Nevins‘ Remix von Run DMC’s „It’s Like That“. Was unmittelbar zweierlei zur Folge hatte. Erstens-, Die halbe Musikwelt klingelte bei Jason an und wollte auch einen Remix. Zweitens: Run DMC machten eine Deutschland-Tour, und dabei standen die Old School HipHopper ziemlich einsam in ihren Sportschlappen vor weitgehend leeren Hallen – traurig, aber wahr. Ziemlich traurig ist auch, daß Wyclef Jean sein zweifellos vorhandenes Talent mehr und mehr vergeudet, den 8oern keine Ruhe gönnt und jetzt sogar schon mit Queen rummacht. Das Stadion grölt, wir nicht. Noch schlimmer ist Kollege Präs Michel drauf: Der hält Elton John für einen begnadeten Texter. Da kommt jede Hilfe zu spät. Gerade noch rechtzeitig kamen uns hingegen Mark Mac und Dego MacFarlane als 4 Hero. Ihr Album „Two Pages“ sorgte dafür, daß Drum’n’Bass nicht vollends in der Sackgasse parkte.