Die Mutter der Weltmusik


Zum Tod von 'Mama Afrika' Miriam Makeba, Vorsängerin der Globalisierung von unten.

Miriam Makeba konnte nicht aufhören. Wo immer sie gerufen wurde, brachte sie noch einmal mit kehliger, ein wenig brüchiger Stimme die alten Hymnen gegen Unrecht und Machtmissbrauch in Stellung. So auch am Sonntag, dem 9. September, als die 76-jährige Südafrikanerin in Castel Volturno in Süditalien ein Konzert zugunsten des von der Mafia bedrohten Schriftstellers Roberto Saviano gab-und anschließend einem Herzinfarkterlag. Ein Ende, so stürmisch wie ihr Leben.

Schon früh eiferte die 1932 in Johannesburg geborene Sängerin ihren Vorbildern Billie Holiday und Ella Fitzgerald nach. Ihre große Stunde hatte Makeba, als ihr der Anti-Apartheid-Film „Come-Back-Afrika“ eine Einladung zu den Filmfestspielen in Venedig und in der Folge ein Visum für die Vereinigten Staaten einbrachte. Harry Belafonte nahm sie unter seine Fittiche, besorgte ihr Gigs und nahm mit ihrSongs wie „Pata Pata“,“Click Song“ und „Malaika“ auf, die als dieersten Hits einer in den Geburtswehen liegenden Weltmusik gelten dürfen.

Glücklich war Makeba trotzdem selten: Nicht nur weil ihre vier Ehen scheiterten und ihre einzige Tochter Mbongi früh verstarb. Sondern auch wegen ihres erzwungenen Exils: i960 verweigerte ihr Südafrika die Einreise, um am Begräbnis ihrer Mutter teilzunehmen. In der Folge entwickelte sie sich zu einer der furiosesten Kritikerinnen des Apartheid-Regimes. Linke Popmusiker und afrikanische Staatschefs buhlten um ihre Gunst. Ihre mutigen Stellungnahmen verschafften Makeba unter schwarzen US-Bürgerrechtlern, die gerade dabei waren, ihre afrikanischen Wurzeln zu entdecken, große Sympathien. Um so mehrfürchtete das Establishment ihre Botschaft. Nach ihrer Heirat mit Black-Power-Aktivist Stokely Carmichael 1968 wurde sie von US-Veranstaltern und -Radios als „Radikalen-Braut“ boykottiert und wanderte notgedrungen nach Guinea aus.

Es war einer ihrer größten Triumphe, als Nelson Mandela sie 1990 nach Südafrika zurückholte. 1998 gab „Mama Afrika“ ihre Abschiedstournee, doch konnte sie nie von ihrer Mission lassen: weltweitgegen Rassisten, Diktatoren und Mafiosi anzusingen- und Zeichen zu setzen für die Globalisierung von unten.