Disco Deutschland


Die Republik tanzt. Und sie tanzt nach ihren eigenen Tönen. Wen bislang neidisch auf die Dance-Trends aus dem Ausland schielte, kann sich nun auch im eigenen Land umsehen: Fast unbemerkt hat sich im Untergrund eine deutsche Dancefloor-Szene entwickelt. ME/ Sounds-Mitarbeiter Thomas Böhm sprach mit den Pionieren der neuen deutschen Tanzmusik

Seit Urzeiten war es den Menschen ein Wohlgefallen, sich zu bewegen. Es ist allerdings nicht exakt nachzuweisen, wann die Menschen zum ersten Mal anfingen zu tanzen. Die einen behaupten, das wäre noch vor der Zeit des Feuers gewesen, weil sich die Urmenschen die Füße warm halten mußten. Die anderen meinen, das hätte erst in der Zeit des Feuers begonnen, weil man die Flammen halt austreten mußte.

Egal. Die Menschheit hat bis heute nicht aufgehört zu treten. Im Gegenteil. Noch nie zuvor war der Bewegungsdrang so groß wie heute, noch nie war aber auch das Angebot an Tanzmusik so vielseitig. Eine wahre Begriffsinflation stürmt das Parkett: Chicago House, Acid House, Deep House, Rare Groove, Ethno Beat, New Beat, Balearic Beat, Euro Beat, Teutonic Beat, Italo Disco, Electronic Body Music, Agreppo, Techno Beat. Record Art und wie das alles heißen kann – von der „Dirty Dancing“-Welle ganz zu schweigen. Die Discotheken sind neben den Toiletten zu den wichtigsten Aufenthaltsorten mehrerer Generationen geworden, die Discjockeys sind die Helden der Stunde.

In Deutschland haben Discotheken eine lange Tradition. Frank Farian, von Boney M. bis Milli Vanilli einer der weltweit erfolgreichsten Disco-Produzenten, glaubt gar, daß die Discothek eine deutsche Erfindung ist: „Lange bevor es in anderen Ländern Einrichtungen dieser An gab, hallen sie sich hier etabliert. Schon Ende der 50er wurden in manchen Clubs Rock’n’Roll-Scheiben aufgelegt, weil den Veranstaltern die Live-Auftritte der Bands zu viel Geld kosteten. So richtig los ging es dann aber 1964. Überall eröffneten Tanzschuppen ihre Pforten. Allein die ,Platzheim-Betriebe‘ machten 30 Läden auf, Typen wie Jack White begannen damals ihre Karriere als Discjockev. Mitte der 60er Jahre kam mit dem Soul eine Musik über den Atlantik, die extrem tanzbar war und dem Tanzboden neue Impulse gab. Der Terminus „Disco“ aber trat erst in den Blickpunkt der Öffentlichkeit, als Phillysound und „Saturday Night Fever“ die Welt in einen Tanz-Wahn versetzten.

Zur gleichen Zeit veränderte eine Düsseldorfer Gruppe namens Kraftwerk die (Musik)-Welt. Ihre elektronische Tanzmusik galt und gilt überall als Quelle einer völlig neuen Bewegung und legte den Grundstein für alles, was sich heute im weitesten Sinne als moderne Dance-Musik bezeichnen läßt.

In den 80er Jahren sorgten High Energy aus Amerika, Synthi-Pop aus England und die Extremitäten der Neuen Deutschen Welle, insbesondere die Military-Dance Kapelle DAF, für neuen Schwung in den Hüften. Und dann, vor zwei Jahren, kam House-Music über die Welt und trieb die Dance-Musik in einen neuen Geschwindigkeitsrausch. Noch nie war sie so hart, so schnell, so simpel und damit so wirkungsvoll.

Dabei bedienten sich die Discjockeys aus Chicago und New York der High Energy und des europäischen Elektronik-Beat als Fundament ihrer ekstatischen Mix-Orgien. House überwältigte, zum Teil von den Engländern für die Charts domestiziert oder mit Acid-Säure angereichert, eine neue Generation von Discjockeys und Tänzern in Europa und griff so an einen wichtigen Teil seiner eigenen Wurzel.

Doch die Europäer schlugen auf mehreren Ebenen zurück. Im Laufe der letzten Jahre entstand in mehreren Ländern des Kontinents eine neue Dance-Szene, die, obwohl noch im Entwicklungsstadium, erfolgreich ins internationale Musik-Geschehen eingreift. Mehr oder minder direkt greifen junge Discjockeys und Computerspezialisten besonders in Belgien und Deutschland die elektronische Tradition von Kraftwerk und DAF auf, verschärfen, beschleunigen und härten diese zur schnell-brutalen Electronic Body Music, zum belgischen nervend langsamen New Beat, zum technisch radikalen Agreppo und zum gnadenlosmarschierenden Teutonic Beat – und nehmen in dieser Form wieder Einfluß auf schwarze Dance-Music.

In Deutschland ist im Augenblick die Hölle los. Von Kiel bis Konstanz – aus allen Boxen der Republik dröhnt der neue Sound. Je nach Lokalkolorit variieren Einfluß, Groove, Tempo, Technik und Herstellung, gemeinsam ist die Power, die dahintersteckt. Während sich die Mitläufer auf den Acid-House-Trip begeben und im Grunde nur verdauen und kommerzialisieren, sehen die kreativen Köpfe ihre Chancen in der kompromißlosen Eigenständigkeit und in der Überarbeitung der elektronischen Tradition. Kleine Label, die sich nur diesem Musik-Sektor verschrieben haben, schießen wie Pilze aus dem Boden. Sie heißen Westside, Boy Records, Fresh Line, Madcat oder Interfish und sorgen dafür, daß sich die lokalen Szenen etablieren. Ein Pioniergeist wie damals zur Anfangszeit der NDW ist längst allerorten zu spüren. Das war’s dann aber auch schon mit den Ähnlichkeiten, musikalisch, sprachlich und ökonomisch sind die Bewegungen nicht zu vergleichen. Der Tanz-Boom läßt sich vor allem durch die Technik erklären. Durch Weiterentwicklung und Überangebot und dem daraus resultierenden Preissturz bei Computern und Equipment ist heute praktisch jeder in der Lage, für 5000 DM diese Art von Musik pressfertig zu produzieren. Ideen können sofort umgesetzt werden, schnelle Erfolgserlebnisse fördern dabei die Kreativität.

Gabi Delgado, immer noch aktives Glied von DAF, der mit seiner Partnerin Saba Komossa gerade einen House-Remix von alten DAF-Songs fertiggestellt hat, sieht die Lage so: „Die Situation ist geradezu im marxistischen Sinne revolutionär. Die Werktätigen, in diesem Falle die Musikmachenden, sind im Besitz der Produktionsmittel. Durch die einfache und schnelle Herstellungsweise der Ware Musik sind sie auch nicht mehr von einer Schallplattenfirma abhängig. Sie können innerhalb kürzester Zeit ein großes Repertoire erarbeiten, entsprechend dezentral verteilen und den Veröffentlichungszeitraum selber bestimmen. Die Plattenindustrie hat diese Entwicklung ebenfalls erkannt und ist zum Beispiel nicht mehr bereit, allzu große Produktionsrisiken einzugehen.

Das wirklich subversive Element in dieser Szene ist ein ökonomisches. Denn der Musiker braucht eigentlich überhaupt kein Geld mehr. Die Wirtschaft ist bereit, blind in die verrücktesten Dinge zu investieren, dabei muß es sich nicht mal unbedingt um produktbezogene Arbeiten handeln. Im Gegensalz zum Staat, der jeden Förderpfennig mit totaler künstlerischer Kontrolle belegt, läßt das Sponsoring dem Künstler freie Hand, denn es interessiert allein der Profit.“

Weil die Kontakte oftmals noch fehlen, gründeten Gabi und Saba zusammen die Firma DELKOM, die wie eine Maklerfirma zwischen Kreativen und freien Geldgebern fungiert und dabei sämtliche kreativen Bereiche abdecken möchte. Delgado: „Je direkter die Verbindung, um so besser. Konkurrenzdenken ist fehl am Platze, hier hilft jeder jedem.“

Die wichtigste Rolle im Koordinatensystem der neuen Tanzmusik aber gehört den Discjockeys. Norbert Fev, der als freier Discotheken-Promoter für ständigen Nachschub auf den Plattentellern sorgt und im engen Kontakt mit hunderten von DJs im ganzen Land steht, weiß um den neuen Typus des DJs: „Die heutigen Discjockeys sind Allroundtalente, Entertainer und Künstler im wahrsten Sinne des Wortes. Gute DJs kassieren fünfstellige Summen im Monat. Dafür stehen sie aber nicht nur ein paar Stunden pro Nacht hinter den Turntables, sondern jeden Tag im Plattenladen, um das Neueste vom Neuesten einzukaufen. Oder sie lesen Fachzeitschriften, um auf der Höhe der Zeit zu bleiben. Das Publikum ist durch das riesige Freizeitangebot verwöhnt. Der DJ muß Schwerstarbeit leisten, um die Leute bei der Stange zu halten.“

Beihilfe erhalten da die Mitglieder des in 24 Ländern aktiven DMC, des Disco-Mix-Clubs, der seine 800 Mitglieder jeden Monat über den D.I.A.S.-Vertrieb mit speziellen Disco-Mixen versorgt‘ „Die DJs“, so Fey, „sind folglich auch in anderer Hinsicht bedeutend: Sie sind Katalysatoren und Multiplikatoren. Ohne sie würden viele Platten nicht die Auflage fahren, viele der

tanzorientierten Songs wären, da sie ohne zusätzliche Promotion in Radio, Fernsehen und Printmedien auf den Markt kommen, ohne die DJs gar nicht verkaufbar.“

Für Gabi Delgado sind die Discjockeys „der bewaffnete Arm der Produktion. Als gute Propaganda-Leute machen sie das Material den Leuten erst richtig schmackhaft, indem sie es in ihr Gesamtprogramm einarbeiten und zielgruppenorienüert verfeinern. „

Vor allen Dingen sind DJs aber Musiker, und ihr Instrumentarium beschränkt sich schon lange nicht mehr auf die Turntables. Viele haben teilweise oder gänzlich den Job gewechselt und produzieren jetzt, häufig in Zusammenarbeit mit versierten Informatikern oder Studiotechnikern, selber ihre Platten. Die Gründe und die Vorteile liegen auf der Hand: – Der DJ verfügt, im Regal oder im Kopf, von berufswegen über ein großes Repertoire an Schallplatten, die er sampeltechnisch in seine Dance-Mixe einbauen kannn. – Er erkennt schneller als der herkömmliche Musiker Trends, ist er doch direkt am Publikum dran. Die Discothek wird dadurch zur Teststrecke, er kann die Reaktionen verwerten und sein Material gegebenenfalls verändern und verbessern.

So einer ist zum Beispiel Jens Lissat. Seit acht Jahren arbeitet er als Discjockey, die meiste Zeit davon in Hamburg und seit kurzem in der Krefelder „Königsburg“. Vor zwei Jahren ließ er sich von den Chicagoer Jungs mit ihrer House Music antörnen und dachte sich: „Was die können, kann ich schon lange“. 1986 produzierte er als „Jack Master Jay“ seine erste House-Scheibe, um schließlich zusammen mit dem Studiotechniker Peter Härder den „Pirate Style“ zu kreieren. Als „Beat Pirates“ fühlten sie sich den englischen Mix-Pulten wie Cold Cut und Bomb The Bass verbunden, klauten, wie der Name schon sagt, alles Mögliche aus der Musikgeschichte und fügten es zu einem knackigen Mix zusammen.

In Frankfurt ist gleich ein ganzer Pulk von ehemaligen und noch aktiven Discjockeys am wirbeln, die einen eigenen Stil, den „Sound Of Frankfurt“ kreierten und die auch im Ausland zu den innovativsten Kräften der deutschen Disco-Szene zählen. Als DJs durchmixten Michael Müntzing und Sven Väth die Nobel-Discos wie „Vogue“ und „Dorian Gray“, bis sie sich vor zwei Jahren mit dem Texter und Techniker Luca Anzilotti zusammentaten und ins Studio gingen, um fortan selber zu produzieren. Unter dem Namen „Off“ explodierten sie mit ihrem „Electrica Salsa“ und schufen einen Hit, der sich auch heute noch in einigen internationalen Charts tummelt. „Wir waren wohl selber am meisten überrascht“, erinnert sich Sven. „So etwas ist aber nicht wiederholbar. „

Immerhin. Sven Väth ist Popstar und bringt im Frühjahr seine nächste LP auf den Markt, auf der er die neuen Einflüsse wie House und Hip Hop, aber auch Reggae und Salsa auf seinen Nenner bringt. Außerdem ist er stolzer Besitzer des „Omen“, einer neuen Discothek, die das Publikum aus ganz Deutschland anzieht.

Das liegt nicht nur an Sven selber, der zweimal die Woche dort auflegt.

„In Sachen Dancefloor ist Frankfurt zur Zeit die gefragteste Stadt Deutschlands. Nirgendwo sonst ist der Kultur-Etat so hoch, arbeiten Wirtschaft und Kunst so gut zusammen. In Frankfurt wächst die Zukunft meterweise, sagt man. Eine neue Generation belebt das Geschäft und die Kultur.“

Das Wunder von Frankfurt, konkret: der Erfolg von „Electrica Salsa“, bildete auch das Fundament für die Gründung eines eigenen Labels („Logic Records“) und für die Einrichtung des „Master“-Studios. “ Wir nutzen unsere guten Kontakte“, erzählt Michael Müntzing. „Bevor wir unsere Produkte einem großen Vertrieb in die Hände geben, checken wir den Markt vorher aus. Wir beliefern die Trendhändler und die Discotheken und können über die DJs die ersten Reaktionen einholen. Erst wenn sich auf dieser Ebene Erfolg abzeichnet, schalten wir die große Firma ein.“ Eine andere Szene wird von Talla, auch einem ehemaligen Frankfurter DJ, und seinem „Technodrome-International“-Label bedient. Talla mit seinem Agreppo (aggressive Popmusik) ist schon lange im Geschäft und genießt sogar internationales Renommee. Selbst der House-Veteran Farley Jack Master Funk nannte als seine Inspirationsquelle neben Kraftwerk auch Tallas erstes Projekt „Moskwa TV“.

Ebenfalls der Frankfurter Szene zugerechnet wird der Darmstädter Discjockey Torsten Fensiau, der im „Dorian Gray“ sein Publikum mit einem gnadenlosen Acid-Techno-Mix betört. „Vielleicht liegt das am hektischen Lebensrhythmus dieser Stadt, daß ausgerechnet in Frankfurt diese Art von Musik so unglaublich erfolgreich ist. „

Unter den Namen „Out Of The Ordinary“ legte er kürzlich auch als Produzent los und schickte mit „The Dream“ die berühmte Rede Martin Luther Kings über die Rille. Jeder DJ träumt doch irgendwann davon, seine eigene Musik machen zu können – und noch nie war die Chance so groß wie jetzt.“

Daß nun nicht alles DJ ist, was Tanzmusik macht, zeigt Andreas Thein, der ehemalige Propaganda-Mann, der fünf Jahre nach „Dr. Mabuse“ mit Rififi den Song „Dr. Acid & Mr. House“ in die Tanz-Arena schickte. Er gehört neben Gabi Delgado und Thomas Fehlmann (Ex-Palais Schaumburg, jetzt Fisherman’s Friend) zur alten Garde, die sich aber emotional mit der neuen Szene durchaus identifizieren und sie mitbestimmen.

„Ich habe“, so Thein, „den Acid-Rausch hautnah in London erlebt. Zuerst war ich geschockt. Doch bald erkannte ich Parallelen zu unseren eigenen Anfängen. Ich arbeite aber weiterhin nach den Prinzipien des Songwriters; die Sample-Technik verwende ich letztlich nur als ergänzende Maßnahme.

Für mich gehört auch eine richtige Live-Präsentation dazu. Ich verstehe die Leute nicht, die meinen, diese Dance-Music sei nur etwas für die Platte. Im Gegenteil: Sie ermöglicht völlig neue Perspektiven für die Bühne. Vom Instrumentarium befreit, erhalten Tanz, Theater, Show und Dekoration doch viel mehr Raum!“

In einer ganz anderen Ecke spannen 2-Cut ihren stählernen Bogen zum ehemaligen Underground. Jon Caffery, der sich ansonsten als Produzent der Toten Hosen ins Zeug legt, der Berliner DJ Bym und der Gitarrist Nainz Watts, das „Pig“ von Berlin, sorgen dafür, daß Dance Music innovativ Vergangenheitsbewältigung betreiben kann.

Wer in Deutschland als Discjockey begonnen hat, Musik zu machen, ist nicht eindeutig zu klären. Der in Berlin ansässige Westbam, alias Maximilian Lenz, gehört jedenfalls zu den Pionieren. Nur hat er nicht, wie alle seine Kollegen, den Job gewechselt, sondern ist auch im Studio Discjockey geblieben. Denn er arbeitet ausschließlich mit „anderen“ Platten, um daraus gänzlich neue „Songs“ entstehen zu lassen.

Als er diese Collagentechnik, die er selbst „Record Art“ betitelt, erfand, bewegte sich auf den anderen Plattentellern noch wenig. Entsprechend waren die Reaktionen auf seine ersten Veröffentlichungen. Nicht selten wurde er des geistigen Diebstahls bezichtigt, meistens lösten seine Arbeiten zumindest Mißtrauen und Unverständnis aus.

„Musik besteht nicht nur aus kompletten Melodien und einer bestimmten Abfolge von Tönen, Musik ist endlos, ist Geräusch, Effekt und Sprache. Die spezifische Zusammensetzung der Einzelteile macht daraus immer wieder etwas Neues. Und diese Arbeit ließ den DJ zum Musiker werden. „

Als Discjockey hingegen feierte er große Erfolge. Im Disco-Zirkus „Macht der Nacht“ brachte er die House-Musik zum ersten Mal einem größeren Publikum näher. Er scratchte sich durch den Eisernen Vorhang und mixte mit Populär Mechanik und Rigalia Bambaataa einen Ost-West-Dialog. Doch erst als die Engländer die House Music und DJ-Cuts populär machten, wurde auch Westbam als DJ-Plattenproduzent anerkannt. Sein Two-Life Crew Remix „We Want Some Pussy“ verkaufte sich in Amerika über 150.000 mal, sein Affen-Hit „Monkey Say, Monkey Do“ biß sich in die englischen Dance-Charts – und der programmatische Titel „Disco Deutschland“, auf dem er die musikalische und politische Geschichte unseres Landes Revue passieren läßt, fand ebenfalls, trotz heftiger Cover-Kritik (es zeigt das Smiley Face mit Adolf Hitler-Konturen) über die deutschen Grenzen hinaus Anklang.

Im letzten Herbst stand Westbam dann vor seiner heißesten Aufgabe: Das Goethe-Institut hatte als deutschen kulturellen Beitrag für die Olympischen Spiele in Seoul eine sogenannte „Kunstdisco“ errichten lassen, an der sich Künstler der verschiedensten Bereiche beteiligten. Die Gebrüder Ströer sammelten in mühevoller Kleinarbeit die in Auftrag gegebenen „Tanzstücke“, Westbam sollte dieses Material Abend für Abend mixen und das koreanische Publikum von den Vorzügen des „Teutonic Beats“ überzeugen.

„Es war unvorstellbar. Mit der schwarzen Musik haben die Asiaten ihre Schwierigkeilen. Aber bei der Marsch-Disco aus Deutschland sind sie regelrecht ausgeflippt.“

Einer der vermixten Künstler, Thomas Fehlmann, kam ob dieses rauschenden Festes auf eine Idee: “ Was den Koreanern recht ist, kann uns nur billig sein. Da ich schon lange den Wunsch hegte, für diese musikalische Bewegung einen Rahmen, eine geeignete Präsentation zu schaffen, entschloß ich mich, das Gehörte in Deutschland zu veröffentlichen.“

So entstand das Konzept von Teutonic Beats (s. Kasten). „Es ist als Überbegriff für alles, was im Augenblick hier in diesem Land passiert, zu verstehen.“

Das Doppelalbum, das sich aus dem im Studio nachvollzogenen Korea-Live-Mix, dem Teutonic-Jazz Mix und einer Auswahl der dort vertretenen Disco-Künstler zusammensetzt, ist der Auftakt zu einer Serie regelmäßig erscheinender Maxi-Produktionen, mit der Fehlmann einen Überblick über die deutsche Disco-Szene schaffen will.

Wenn das so weiter geht, braucht er noch Jahre dafür.