Endstation Tourbus


Auf der Autobahn zum Erfolg. Fury In The Slaughterhouse zählen keine Kilometer und singen zur Feier ihrer Live-LP das Hohelied der Straße

„Das Tour-Leben hat seine eigene Romantik. Für uns hat es immer diesen Traum gegeben, unterwegs zu sein, Gigs zu spielen, Spaß zu haben — und davon irgendwie leben zu können“.

Die verklärte Vision vom Zigeunerleben einer Rock ’n‘ Roll-Kapelle, die Fury In The Slaughterhouse-Gitarrist Christof Stein, mit Zehntausenden junger Rockmusiker der westlichen Welt teilt, hat sich für seine Band als verblüffend geradliniger, wenn auch bisweilen mühsamer Weg zum Erfolg erwiesen. HOOKA HEY, das im vergangenen Jahr erschienene dritte Fury-Studioalbum bewegt sich in diesen Wochen auf die magische Grenze von 100.000 verkauften Exemplaren zu — für eine deutsche Indie-Rockband eine sensationelle Zahl. Und ihr unspektakulärer Aufstieg hat nicht im geringsten den klinischen Geruch kühl kalkulierter Hitfabrikation. Einfach spielen war und ist das Erfolgsrezept der Hannoveraner. „Das war für uns von Anfang an das Logischste“, resümmiert Christoph. „Auftreten kannst du auch ohne große Plattenfirma. Du mußt dir halt ’nen Verstärker und ’ne Gitarre zusammensparen, dir von deiner Mutter den PKW ausleihen und dann kannst du loslegen, kriegst Getränke frei und alles ist o.k.“

Der erste offizielle Gig ist mitterweiie Bandlegende: „Das war im Februar 1987 in Hannover im ,Labor einer miefiqen StudentenkneiDie Leute saßen nun, tranken Bier und aßen Thunfisch-Salat und haben kaum Notiz von uns genommen. Bis Thorsten völlig frustriert seine Gitarre in die Ecke schmiß, die Mikrophone umtrat und verschwand … danach ging plötzlich die Post ab!“

Ein Jahr später waren die Furys schon eine echte Live-Attraktion. Als Ende 1988 das erste Fury-Album erschien, hatte die Band weit über 100 Auftritte auf dem Buckel. Die LP-Präsentation am 5. November 1988 in Hannovers Capitol lieferte den gerechten Ausgleich: Eine Fan-Schlange bis zum McDonalds-Stützpunkt um die Ecke wartete bei Minus Zwei Grad Celsius auf den Einlaß — Hausrekord mit fast 2000 Gästen.

Heute füllt die Band die Hallen der Republik, und Barometer des wachsenden Erfolgs ist alleine schon das Personal, das mit Fury In The Slaughterhouse heute auf Reisen geht: 22 Köpfe zählt der Tross mit Licht, Ton und Merchandising-Crew inzwischen. „Da geht es zwangsläufig etwas disziplinierter zu als in unserer Anfangszeit“, gesteht Christof. Mannschaftsgeist ist dennoch immer noch erste Order: „Wir können uns halt alle gut riechen. Kai und Thorsten sind die ehrgeizigsten, aber immer schön im Rahmen. Rainer und ich sind die Spaß-Fraktion, Hannes ist der typische ruhige Bassist und Gero steckt uns mit seiner musikalischen Kompetenz alle in die Tasche“, seziert Christof das Fury-Innenleben. Starallüren stehen nicht auf dem Programm, auch die Begleitcrew sind bei Fury Menschen, wie „bei einer Riesenklassenfahrt. „

Zwanglose Übung macht den Meister, auch auf der Bühne: „Wir werden tatsächlich manchmal gefragt, wer unsere Choreographie macht. Das ist natürlich Quatsch — es gibt da keine tränierten Abläufe. Wir rennen uns nur nicht mehr so oft gegenseitig über den Haufen wiefrüher!“mmer schon klug, ist sich die Band sicherer denn je, daß „das Live-Spielen die einzige Möglichkeit für junge deutsche Rockbands ist, es irgendwie zu schaffen“ — jedoch nur mit der totalen Konsequenz, mit der sich die Hannoveraner durch Clubs, Hallen und Festivals in Deutschland gespielt haben. Daß das Leben ,on the road“ nicht immer nur romantisch, sondern auch anstregend und mitunter schmerzhaft ist, davon kann nicht nur Sänger Kai Wingenfelder ein Liedchen trällern, der die großen Festival-Gigs im vergangenen Sommer trotz stärkster Rückenschmerzen durchstand. „Was Grippemittelchen und dergleichen angeht, sind wir sowieso längst Experten“, grinst er. Nach fünf Jahren auf der Achse zwischen Flensburg und Freilassing hat sich die fröhliche Rock ’n‘ Roll-Burschenschaft zur Jahreswende erstmals ein paar Wochen Urlaub gegönnt. Und nach dem Erscheinen des ersten Live-Albums PURE LIVE (aufgenommen natürlich im legendären ,Capitol‘) widmen die Fleißarbeiter ihre nächsten Monate der Studioarbeit, bevor sie im Sommer wieder , ihr Säckel für den nächsten Heimat- : trip schnüren. Auf größere Geschäftsreisen verzichten sie noch: ‚ „Wir waren für unser letztes Video in Los Angeles — die Stadt ist doch total daneben!“