Hotlist 2017: Kelly Lee Owens liefert den perfekten Soundtrack zum Morgengrauen im Berghain


Die hypnotischen Tracks zeugen von einer Produzentin mit eigenständiger Soundvision.

Die Geschichte der Popmusik, sie wäre eine andere ohne Plattenläden. Ein Allgemeinplatz, klar, aber im Fall von Kelly Lee Owens ein sehr identitätsstiftender. Geboren im Norden von Wales, zog sie nach dem Studium in Manchester nach London, wo sie beim Jobben im Plattenladen „Pure Groove“ James Greenwood (aka Ghost Culture) und Daniel Avery kennenlernen sollte. Beide Begegnungen führten schnell zu musikalischen Kooperationen – besonders wichtig jene mit Avery für „Drone Logic“. Nicht zuletzt, da sie eben nicht nur sang, sondern auch an drei Songs für sein Album mitschrieb. Ein erster großer Schritt hin zum Mut, es auch alleine zu versuchen.

Zweifel sollten in der Folge angesichts der Singles „Arthur“ und „Lucid“ wohl keine aufgekommen sein, hinterlassen beide doch mit zarten Gesten eine eindringliche Wirkung. Erstere bezieht sich nicht nur im Titel auf Arthur Russell, sondern weht dementsprechend ätherisch- geheimnisvoll durch die Klangräume. „Lucid“ ist vom Wesen her merklich pop-ambientiger; Owens wischt die zurückgenommenen Gesangsschichten von „Arthur“ sprichwörtlich zur Seite, singt greifbarer und bleibt trotzdem irritierend distanziert. Zuletzt erschien mit „Oleic“ ein erster Vorbote auf das Album, das 2017 bei Smalltown Supersound erscheinen soll. Die EP zeugt davon, dass Owens nichts mehr scheut als feste Sound-Zuschreibungen.

https://youtu.be/Tj3g0SH5pNo

Da ist etwa das anmutige Titelstück, ein perfekter Soundtrack zum Morgengrauen im Berghain, wenn sich der 4/4-Takt langsam beruhigt und Platz für diverse Gefühlswallungen macht. Da ist das hypnotisch um sich selbst kreisende „Elliptic“ oder das bis zur seltsam kontrollierten Entladung getriebene „CBM“. Und dann gibt es auf der Vinyl-Version noch eine wunderbar nervös-verhallte Coverversion von Jenny Hvals „Kingsize“. Apropos Coverversion. Wer eine kleine Dub-Acid-Überraschung sucht, der füttere Google mal mit den Keywords „Aaliyah“, „More Than A Woman“ und „KLO“. Ist sicher nicht die letzte Überraschung, die Owens für uns bereithält.