Interview mit Paul McCartney


Und schon gehört es wieder der Vergangenheit an: Das Konzert, das Paul McCartney und seine Wings gaben. Ein Ex-Beatle ist natürlich Garantie für grosse Besucherzahlen, die vielleicht nicht alle wegen ‚Wings‘ kommen, sondern auch aus Sentimentalität.

Doch schon sehr schnell zeigte sich, dass die Wlngs‘ nur ein massiger Abzug der einst so gefeierten Beatles waren. Paul’s Frau Linda schien sehr podiumfreudig zu sein, war aber musikalisch gesehen ein ‚farce‘. Ihr eigenes Stück sehr viel Nachdruck wurde auf EIGENES gelegt ‚Seaside Woman‘ war der Tiefpunkt des Auftrittes. Nur ab und zu kam es zu einem Höhepunkt. Als z.B. das Stück ‚882‘ von der neuen LP gespielt wurde. Paul besitzt noch stets die eindrucksvolle Stimme, doch die Gruppe ist bei langem nicht bühnenreif. Das merkte man ganz deutlich bei Henry McCultough’s Komposition ‚Henry’s Blues‘. Henry sang falsch und auch der Chor war alles andere als sauber.

Alles in allem betrachtet, war es nur schwer zu glauben, dass sich nur etwa zwanzig Meter von uns entfernt die eine Hälfte des besten Songwriter Teams der Welt befand. Was Paul McCartney mit den Wings beweisen will, ist nicht ganz deutlich. Ist es ein Art Hobby? Es ist zu hoffen. Auf jeden Fall müssen wir abwarten und das erfordert natürlich Geduld. Immerhin verdient Paul noch genug aus seiner Beatles-Zeit Wir wollten ein Interview machen, doch alle Versuche scheiterten. Unser englischer Korrespondent erwischte Paul in Süd-Frankreich und stellte ihm ein paar Fragen, die uns das ein und andere erklären.

Paul, warum begann diese Tournee in so einem kleinen Ort wie Chateau Vallon?

PAUL: Wir wollten ganz einfach in einem kleinen Ort beginnen und Chateau Vallon eignet sich grossartig dazu. Es ist klein, ruhig und liegt nicht an der Grand-Route.

Linda, warst du sehr nervös?

LINDA: Die erste Hälfte schon, dann ging es besser. Ich war zuerst ein bisschen nervös, weil wir den Sound nicht ausgetestet hatten.

Wie findest du es, mit Paul zusammenzuarbeiten?

LINDA: Grossartig. Ich lerne viel bei ihm. Ausserdem ist es schön und abwechslungsreich.

Während eures Auftrittes spieltet ihr ein paar Nummern von eurer neuen LP. Wann erscheint die Platte?

PAUL: Wir haben bis jetzt etwa die eine Hälfte aufgenommen und wollen sie bis zum Winter fertig haben. Sie soll noch in diesem Jahr erscheinen.

Denkst du noch daran, dass vor zehn Jahren die erste Beatles-Platte In die Hitparade kam?

PAUL: Wie meinst du das?

Denkst du noch manchmal an die Zeit zurück?

PAUL: Natürlich. Ich habe auch gute Erinnerungen an meine Schulzeit. Alles war grossartig, aber es berührt mich jetzt nicht mehr. Es ist vorbei. Das Leben geht weiter, verstehst du?

Gehst du mit den Wings nach Amerika?

PAUL: Ja, ich hoffe es. Es hängt ganz davon ab, ob sie mich haben wollen oder nicht.

Schreibst du viel mit Linda zusammen?

PAUL: O ja.

Schrieb sie ‚Seaside Woman‘?

PAUL: Ja, in der Tat. Sie schrieb die Nummer ganz allein.

Es Ist eine Reggae-Nummer. Magst du Reggae sehr, Linda?

LINDA: Reggae finde ich einfach toll. Wir besitzen diverse Reggae-LP’s und waren sogar auch einmal in Jamaica. Dort wird nichts anderes gespielt. An jeder Ecke steht dort jemand und macht Reggae und die Kinder tanzen und tanzen einfach sagenhaft.

Wie entstehen deine Nummern?

PAUL: Manchmal schreibe ich allein, manchmal zusammen mit Linda. Sie schrieb z.B. heute noch eine Nummer.

Die grosse Frage.

PAUL: Nun ja, mit den Beatles ist es endgültig vorbei. John und ich haben einander nichts mehr zu sagen. Jetzt habe ich Linda. Viele Menschen hatten Angst, als wir uns trennten. Es folgten einige Rechtssachen und jetzt ist alles vorbei.

Paul, hast du noch manchmal einen Hang zur Vergangenheit?

PAUL: Wer hätte den nicht? Ich habe schon immer sehr an der Vergangenheit gehangen. Ich meine: Du bist auf einer Party, bei der jeder betrunken ist, so wie bei einer Silvesterparty die wir früher in Liverpool hatten. Dieses Jahr hatten wir eine grandiose Silvesternacht. Mein Onkel Joe war da, mit seinem Schwiegersohn. Beide piekfein im Anzug. Arm in Arm haben sie gesungen und gelacht. So etwas finde ich einfach dufte.

Wirst du je noch eine Beatles-Nummer spielen?

PAUL: Das weiss ich noch nicht. Vielleicht. Für das Publikum ist es natürlich schön, wenn es alte Melodien mitsingen kann. Auf unserem Urlaub spielte ich zum erstenmal seit vielen Jahren wieder Yesterday. Auf einer akustischen Gitarre.

Was Ist die beste Nummer, die du je geschrieben hast?

PAUL: Yesterday. Meiner Meinung nach ist das ein vollständiger Song, nicht nur, weil er zufällig ein Hit geworden ist. Er ist ganz einfach einer der Songs, die ich schrieb, als ich morgends aus dem Bett stieg. Ich weiss nicht, ob dir bekannt ist, dass es Menschen gibt, die nachts von vollständigen Symphonien träumen und morgends, wenn sie wach sind, nichts mehr aufschreiben können. Das hatte ich mit Yesterday. Ich konnte den Song glücklicherweise aufschreiben. Die Melodie hat mich durch all meine Träume begleitet und als ich wach war, suchte ich alles zusammen und schrieb es auf.

Denkst du nicht manchmal, dass die Leute wieder so einen Song von dir erwarten?

PAUL: Ja, aber wenn man damit leben will, muss man nicht daran denken. Es ist nicht gut, sich darüber aufzuregen. Ausserdem ist es wohl ganz normal, wenn man manchmal von solchen Gedanken heimgesucht wird.

Was möchtest du ausser ‚Wings‘ noch tun? Bist du gegen die anderen?

PAUL: Nein, sie sind okay. Tatsache ist, ich habe jetzt eine neue Gruppe und interessiere mich nur noch für sie und alles ist nun einmal so, wie es ist.

Weisst du, was die anderen drei musikalisch tun, hörst du dir Ihre Musik an?

PAUL: Ich weiss was sie tun, höre aber nur selten ihre Musik.

Wie gefällt dir Johns letztes Album?

PAUL: Oh, es ist gut. Wenn es das ist, was er will, dann ist es okay.

Teilst du seine politischen und sozialen Ideen nicht?

PAUL: Eigentlich schon.

Aber du tust das auf deine eigene Weise?

PAUL: Ich glaube nicht, dass es verkehrt ist, was er sagt. Es ist gut. Viel von dem, was er sagt, ist wahr.

Hat man dich für das Bangla Desh Konzert in New York eingeladen?

PAUL: Ja, man hat mich eingeladen. Aber das ist eine lange Geschichte. Ich meine: Wenn ich es getan hätte, und das mag lächerlich sein, dann hätten viele Menschen behauptet die Beatles sind wieder zusammen und sei es dann auch nur für einen Abend. Es ist vorbei. Definitiv. Wenn man wieder zusammen spielt, dann kommen die Leute von den Plattenfirmen und sagen, ach Boys, macht das Gleich doch jedes Jahr einmal. Und man bekommt dann so eine Art In Memorial-Album. Nun, dafür bedanke ich mich, ich bin nicht tot wenn es soweit ist, dann können sie von mir aus machen, was sie wollen. Jetzt aber noch nicht.