Little Joy: LITTLE JOY


Strokes-Schlagzeuger Fab Moretti hat es mit seinem Projekt Little Joy auf Anhieb zur Platte des Monats im MUSIKEXPRESS geschafft. Jetzt kommen unsere Leser zu Wort: Auch Kai Wichelmann erliegt der Charmeoffensive des verspäteten Sommeralbums.

Es ist wenig los im Dienste der Strokes. Nun schon seit fast drei Jahren. Bei einer Band, dessen Dreh- und Angelpunkt Julian Casablancas ist, kommt es beizeiten zu undefinierbar langen Freiräumen, die man als Musiker ausfüllen sollte, um Identitäts- krisen entgegenzuwirken. Nachdem Hammond Jr. schon zweimal dem Bandkorsett der Strokes entfloh, um dann ein gutes und ein weniger gutes Soloalbum folgen zu lassen, sieht sich nun Drummer Fab Moretti gezwungen, seine eigenen musikalischen Visionen umzusetzen.Und was soll man sagen. Diese luftigen Songs wirken derart unprätentiös, so dass man schnell die verkrampften, über- wiegend songfreien Ergüsse von Hammonds zweitem Soloalbum vergisst. Musikalisch besteht eine gewisse Orientierung am Sound der Urband, der Versuch einer Adaption bleibt glücklicher- weise aus. Little Joy stehen auf ihren eigenen Beinen und spätestens wenn erstmals die zarte Engelstimme von Binki Shapiro erklingt, erliegt man der Charmeoffensive, dieser feinen, kleinen Band. Vielen Songs wohnt der Reiz von Surferidyll und langen, verträumten Verandaabenden inne, was dieses Album zur verspäteten Sommerplatte werden lässt. Songs wie das beherzt rumpelnde „Brand New Start“, das mit einfachsten Mitteln nur von Shapiro vorgetragene Rührstück „Unattainable“, die beschwingt, kreisende Melodie beim heimlichen Star der Platte „Don’t Watch Me Dancing“ sind schlichtweg grandios, da sie vorgeben, nichts sein zu wollen und sich dann doch fest- beißen. Auch schwächere Stücke, wie „Shoulder To Shoulder“ werden aufgefangen von diesem Grundgefühl der Leichtigkeit des Seins. Ein lupenreines Strokesstück haben sich Little Joy dann doch noch ausgedacht. „Keep Me In Mind“ hätte sich vorzüglich auf IS THIS IT? gemacht.Diese Platte ist auch deswegen eine Genugtuung, weil sie zeigt, dass musikalische Grandezza auch über die Konzentration aufs Wesentliche zu erreichen ist und es den ganzen Bombast- und Effektwahn, wie ihn die Killers so gern haben, gar nicht braucht, um musikalisch auf ganzer Linie zu überzeugen.

Kai Wichelmann – 24.11.2008