„Mich Interessiert Keine Musik, Die Meiner Eigenen Sehr Ähnelt“


Und auch von seinen eigenen Platten muss sich BRENDAN BENSON immer erst jahrelang "erholen", bevor er sie sich anhören kann. Jetzt ist wieder so eine Erholungsphase angebrochen - wir nutzen sie für einen Plausch mit dem Detroiter. Über seinen Helden Elvis Costello, die Vorzüge von Songs mit vielen Wörtern drin ... und Jack White?

Brendan, du hast Glück. Dies wird keines von den Interviews, in denen du zu Jack White und den Raconteurs befragt wirst und nur am Rande zu deiner eigenen Musik. Wir freuen uns heute mehr oder weniger ausschließlich über dein viertes Album MY OLD, FAMILIÄR FRIEND.

Oh, da bin ich erleichtert.

Mit „You Make A Fool Out Of Me“ hast du wieder eine Art Motown-Song eingespielt, etwa wie „The Pledge“ auf der letzten Platte THE ALTERNATIVE TO LOVE, oder?

Ja, die zwei Songs kann man gut vergleichen. Obwohl ich „The Pledge“ lange nicht mehr gehört habe. Ich brauche immer Jahre, um mich von einem Album, das ich mal aufgenommen habe, zu erholen – und es wieder anhören zu können. Es wäre langsam an der Zeit, mir THE ALTERNATIVE TO 1.OVK mal wieder zu Gemüte zu führen. Vielleicht würde sie mir sogar gefallen. Obwohl ich nie zufrieden bin – mir würden wohl sofort wieder lauter Fehler auffallen, wenn ich die CD jetzt einlegen würde. Aber zu „You Make A Fool Out Of Me“: Ich liebe diese Art von Musik einfach, und es gibt heute viel zu wenig davon.

Du singst auf diesem Stück, als könntest du in vielen Jahren mal als Crooner enden.

(lacht) Ich hoffe nicht. Ich bin kein großer Freund von Scott Walker, Frank Smatra und solchen Sachen. Die haben schon ein paar großartige Songs, aber … (gequält)… not really.

Dafür ist unüberhörbar, dass du ein großer Fan von Elvis Costello sein musst.

Oh, Elvis. Oh ja. Damals habe ich „Watching The Detectives“ im Radio gehört und mir MY AIM IS TRl’E gekauft. In Detroit gab es einen DJ namens Michael Halloran, der die tollste Musik spielte. Er war wohl der einzige DJ im gesamten Mittleren Westen, der frühen Punk und obskure New-Wave-Sachen vorstellte. Und dann war da noch mein Dad, der großer Fan von The Clash, Nick Löwe und Costello war.

Als ich vor sieben Jahren deine zweite LP LAPALCO hörte, fühlte ich mich an Power-Pop-Bands wie The Feelies, The Posies, Jellyfish und The dB’s erinnert. Oft genug waren diese Bands auch notorisch erfolglos. Wieso verkauft sich intelligente, originelle Popmusik so schlecht?

Das ist genau die Frage, die ich mir stelle, seit ich mit dem Musikmachen angefangen habe. Zumindest habe ich über die Jahre eine ziemlich traurige Theorie zu dem Thema entwickelt: Ich glaube, dass es eine stattliche Anzahl von Menschen gibt, die sich von dieser Musik durchaus intellektuell angesprochen fühlen – aber emotional tut sich da nichts bei ihnen. Oder nicht genug. Ich hebe The Feehes. Jellyfish und die Posies eher nicht. Du glaubst gar nicht, wie oft mir diese beiden Bands schon ans Herz gelegt worden sind. Aber ich mag sie nicht. Wahrscheinlich, weil sie so nah an dem sind, was ich selbst mache. Ich glaube, mich interessiert keine Musik, die meiner eigenen sehr ähnlich ist – auch nicht, wenn sie schon Jahre früher da war.

Aber noch mal zu Elvis Costello: Seine Texte sind superschlau, seine Scharfsinnigkeit, sein Witz sind sein Kapital.

And he smgs hke a motherfucker! Aber die meisten meiner Freunde mögen ihn nicht, das hat mich immer erstaunt.

Was sind das denn für Freunde?

Tja, sie sagen, in den Songs von Elvis Costello wären ihnen zu viele Wörter und zu viele Akkorde drin. Haha! Gerade das ist doch das Beste an ihm: so viele Wörter in einen Satz zu quetschen! Na ja, die meisten Leute wollen wahrscheinlich nur noch abschalten und nicht auch noch geistig arbeiten, wenn sie Musik hören.

Vielleicht ist Costello den meisten ja auch zu sarkastisch.

Ja, zu sarkastisch. Zu sardonisch. Er ist der Meister des Sarkastischen und des Sardonischen. Andererseits: Denk mal an die Fernsehserie „Friends“: Die ist komplett auf Ironie und Sarkasmus aufgebaut. Wieso war die ein so überwältigender Erfolg und wieso kann man den nicht auf Musik übertragen? Warum funktioniert das einfach nicht?

Na ja, wenn man sich mit Leuten zum Barbecue trifft, in den Himmel schaut und sagt: „Es wird heute wohl noch regnen“, ist man ja auch gleich ein Miesmacher und Pessimist – obwohl man vielleicht nur ein zum Skeptizismus neigender Realist ist.

Ich verstehe, was du meinst. Die Menschen sind einfach zu verschieden.

Noch einmal zurück zur neuen Platte: Der Album-Titel MY OLD, FAMILIÄR FRIEND klingt wirklich klassisch. Wie kam es dazu?

Mir schwirrten diese Worte schon eine lange Zeit im Kopf herum, und immer, wenn ich sie vor mich hinsagte, lösten sie ganz bestimmte Gefühle aus. Sie beschworen etwas in mir herauf. Schwer zu beschreiben, aber schon der Klang dieses Satzes hatte für mich etwas ganz Besonderes. Und es gibt so viele Interpretationsmöglichkeiten. Die offensichtlichste ist sicher, dass ich nach meiner Tätigkeit bei den Raconteurs wieder das mache, was ich vielleicht am besten kann: eine Solo-Platte als Brendan Benson veröffentlichen.

Welche Musik hörst du gerade privat?

Alles Mögliche. Während der Aufnahmen zur letzten Raconteurs-Platte habe ich wenig gehört, weil Jack nicht wollte, dass wir uns im Studio allzusehr von Musik beeinflussen lassen, die es schon gibt. Jetzt habe ich wieder eine Menge Zeug gehört. Afrobeat, Soul, Heavy Metal … Ich habe viel Black Sabbath und Iron Maiden gehört, als ich jung war.

Iron Maiden ist eine meiner Alltime-Lieblingsbands. Hast du schon die Tourdokumentation „Flight 666“ gesehen? Ist das der Film, wo Bruce Dickinson durch die Welt fliegt? Diese Band ist großartig. Allein das Bild-und Filmmatcrial, das es über sie gibt.

Tja, dann mal: Up the irons!

Genau. Und bis bald.