Nintendo Wll


Die Verkaufszahlen von "Singstar', "Buzz" usw. zeigen: Die Nachfrage für Partyspiele ist groß. Jetzt gibt es sogar eine richtige Partykonsole.

Wenn sie demnächst aus dem Fenster sehen und die Nachbarn gegenüber dabei beobachten können, wie diese krude Verrenkungen vollziehen, liegt das bestimmt nicht daran, dass eine neue Blütezeit des alten Gesellschaftspiels „Scharade“ angebrochen ist. Vermutlich ist dort drüben zu Weihnachten einfach eine Nintendo Wll eingezogen. Nachdem die Xbox 360 neue Maßstäbe in Sachen Grafik und Performance gesetzt hat und sich jetzt schon jeder fragt, ob die Playstation 3 im März mit weniger Lieferschwierigkeiten auf den europäischen Markt gebracht werden kann als jüngst die PSP, hat die altehrwürdige Konkurrenz aus Japan die Gunst der Stunde genutzt und tatsächlich ihren Verkaufsstart pünktlich im Dezember geschafft.

Im Gegensatz zu Sony und Microsoft haben die Macher von Nintendo schon immer andere Prioritäten gesetzt: Hier braucht es nicht neuste HDTV-Maßstäbe, um die Konsolenkundschaft zu locken. Erst kommt der Spielspaß, dann die Grafik, lautet das Nintendo-Credo. So ist es wenig verwunderlich, dass auch die Wll der ganz eigenen, eher niedlichen und ein wenig kindlichen Nintendo-Ästhetik treu bleibt, für die viele Fans Nintendo so lieben.

Wichtigste Neuerung ist die Steuerung. Und die könnte dafür sorgen, dass sich demnächst die Kinder nicht nur untereinandersondern auch mit den Eltern um einen Platz vor der Flimmerkiste beharken müssen. Während der gemeine Konsolen-Controller die ältere Generation noch vor Rätsel wie „Wo und wofür sind denn nun die so genannten Schultertasten?“ gestellt hat, kommt die WII mit einer handlichen und vor allem angenehm simplen Fernbedienung, gegen die Vatis Universalknochen glatt wie ein Werkzeug der Nasa anmutet: kaum Knöpfe, ein Steuerkreuz, das ganze Teil(chen) einhändig zu bedienen. Und trotzdem ist das Konzept revolutionär, denn der Controller funktioniert durch ein ausgeklügeltes Sensorensystem wesentlich vielseitiger als ein herkömmliches Pad: Spielt man Tennis, verwandelt das kleine Ding sich in einen Schläger, Schwertkämpfe werden mit wildem Gefuchtel üusgefochten, bei Shootern wird deT Controller zur Lichtpistole. (Dass Controller mit eigenem „Gleichgewich tssinn“ offensichtlich die-Zukunft sind, lässt sich auch daran feststellen, dass die PS3 im März ebenfalls mit einem solchen Bewegungs- und Lagesensoren-Steuerelement an den Start geht.) Klar, dass für diese neue Art der Steuerung auch eine Menge Platz benötigt wird. Damit der Gegenspieler vor lauter Eifer nicht versehentlich mit dem Ding ein Puzzle auf die Brille gehauen bekommt, ist es durchaus ratsam, die Schlaufe am Controller ums Handgelenk zu wickeln – die ist nämlich nicht nur zu Dekorationszwecken da dran. Zerbrechliche Gegenstände sollten mit oder ohne Schlaufe aus dem Spielfeld (lieber größer bemessen!) vor dem Fernseher entfernt werden. Denn mancher schwört, dass es sich auf jeden Fall mit drei Meter Anlauf besser bowlen lässt (vom Bewegungsdrang beim Tennis und Boxen ganz zu schweigen). Ist natürlich Blödsinn – echte Kenner schaffen das locker aus dem Handgelenk. Allerdings schmilzt ja auch das zu Weihnachten angesetzte Hüftgold, wenn die Spieler die Angelegenheit etwas sportlicher interpretieren. Und auch die Nachbarn von gegenüber haben einen Heidenspa ß, wenn sie uns kollektiv vor der Glotze herumhampeln sehen. Es sei denn, jemand zieht zuvor die Vorhänge zu.

Letztlich bringt die WII vor allem Spaß, wenn Freunde mitspielen. Keiner macht sich für sich alleine oder nur für die Nachbarn zum Horst, das kennen wir von Spielen wie „Singstar“ oder „Guitar Hero“. Als Partykonsole ist die WII dafür tatsächlich unschlagbar. Und durch die leichte Bedienbarkeit könnte Nintendo mit ihr eine ganz neue Zielgruppe zu Daddlern macht. Wenn sie die Menschen dabei tatsächlich zusammenbringt, ist das ja vielleicht sogar begrüßenswert. Fürwahr: eine Familienkonsole.