Phil Collins: rückblickend ein „Klugscheisser“


Nachdem Phil Collins früher ein Hitlieferant war, macht er sich heute Sorgen, nicht gemocht zu werden – und spielt Motown-Songs ein

Es ist ein herrlicher Tag im Mai, der Himmel ist blau, die Sonne scheint, doch Phil Collins trägt heute einen Schal. Die schweren Vorhänge seiner Suite im Genfer Hotel „Beau Rivage“ geben sich erfolgreich Mühe, alles Frühlingshafte draußen zu halten, und Collins sieht aus, als sei ihm das nur recht. Dreitagebart, Polohemd, Jeans, Schal – alles wirkt ein wenig grau. Die Stimmung auch, dabei gibt es Grund zur Freude: Collins hat die Arbeit zu „Going Back“ abgeschlossen, einem Album mit achtzehn Coverversionen seiner liebsten Motown-Hits und einiger anderer Soulklassiker seiner Jugend.Es ist sein erstes Album nach einer Pause von acht Jahren. Doch der 59-jährige Brite mit Schweizer Wohnsitz achtet darauf, seine Begeisterung zu deckeln, er ist vorsichtig geworden. Er sagt Sachen wie: „Es ist mir völlig egal, ob die Leute das Album mögen“, und macht dabei den Eindruck, als sei es ihm eigentlich doch nicht so egal.

Genesis wird durch Collins zum Hitlieferanten

Nun sind Mögen und Mögen für Collins zwei unterschiedliche Angelegenheiten. Von seinen Soloalben hat er über 100 Millionen verkauft und von seinen Alben mit Genesis sind es sogar über 150 Millionen gewesen. Er nennt sieben Grammys, zwei Golden Globes und einen Oscar sein Eigen. Es lässt sich wirklich nicht behaupten, dass seine Arbeit nicht gemocht wird.Doch wenn Collins Bilanz zieht, kommt es ihm auf das konkrete Mögen nicht so sehr an, es ist das Nicht-Mögen, das ihn bekümmert. Wobei er nie behaupten würde, dass es unzulässig sei, seine Songs nicht zu mögen. Nur glaubt er, dass die Ablehnung seines Werks Vorurteilen geschuldet sei, die sich irgendwann in den Achtzigern aufgebaut hätten, weswegen es passieren könnte, dass auch „Going Back“ nicht in der Form gemocht werden könnte, die er sich wünscht. „Dabei gibt es eigentlich keinen Grund, das neue Album nicht zu mögen“, sagt er. „Außer man mag alles, was ich mache, nicht.“Tatsächlich ist Phil Collins ein komplizierter Fall. Nach einer kurzen Schauspielkarriere als Teenager wird er 1970 Schlagzeuger von Genesis und ab 1975 auch ihr Sänger. Mit seinem Wechsel zum Mikrofon verwandelt sich Genesis von einer Progressive Rockband, die sich auf ausufernde, künstlich verkomplizierte und konzeptuell schwer beladene Kompositionen spezialisiert hat, zu einem zuverlässigen Hitlieferanten.

Ein Solo-Erfolg begründet auf Liebeskummer

In den Jahren 1976 und 1977 tourt die Band praktisch ununterbrochen, und als Collins eines Tages von der Arbeit nach Hause kommt, muss er feststellen, dass seine Frau Andrea Bertorelli mit dem Anstreicher und Innenausstatter durchgebrannt ist. Collins gießt seinen Liebeskummer in Songs, die 1981 auf seinem Solodebüt „Face Value“ landen. „Im Grunde hab ich meine Solokarriere meiner Ex-Frau Andrea zu verdanken“, sagt Collins. „Wäre sie geblieben, hätte ich wahrscheinlich eine obskure Jazz-Platte aufgenommen, die sich niemand angehört hätte.“ Das Debüt hören hingegen viele, so viele, dass Collins von seinem Erfolg selbst am meisten überrascht ist. Lesen Sie den vollständigen Artikel auf

WELT ONLINE

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Harald Peters – 15.09.2010