Anna von Hausswolff

The Miraculous

City Slang/Universal VÖ: 13. November 2015

Auf ihrem zweiten Album wagt sich die Schwedin mit ihrem mystischen Orgel-Pop noch tiefer hinein in finstere Geisterreiche.

Alles beginnt mit einem apokalyptischen Warnton: die tief dröhnende Sirene versinkt allmählich in düsteren Soundbett des Eröffnungsstücks „Discovery“. Bevor Anna von Hausswolff überhaupt den ersten Ton singt werden fast sieben Minuten vergehen, es wird schauerhaft flirren und knistern und elegische Gitarrenmelodien werden mäandernde Bahnen ziehen. Erst nach über acht Minuten, bricht der heraufbeschworene Drone-Sturm los und wir sind endlich mitten drin im zweiten Album der Schwedin.

Drei Jahre nach den eindrucksvollen Orgel-Drone-Pop von CEREMONY steigt sie hier noch tiefer in die Schattenwelten des Genres hinab – von der Beerdigungs-Pop, so scheint es an vielen Stellen des Albums, hat sie sich direkt an die Vertonung des Totenreichs gemacht. Alles klingt noch schattiger und morbider verwischt. Dabei hat sich am musikalischen Grundriss zunächst nichts verändert – Kirchenorgel, Drone-Bässe, Prog-Gitarren und elegisch hallender Gespenstergesang – nur dass die Orgel diesmal aus 9000 Pfeifen tönt. Aufgenommen wurde nämlich im nordschwedischen Piteå, Heimat der größten Orgel Skandinaviens.

Am schönsten schwirren und schweben die Töne dieses Klangmonstrums durch das 11-minütige Herzstück „Come Wander With Me/Deliverance“. Hier breitet sich die Kirchen- und Gothic-Soundästhetik zu einer weiten, fieberhaften Traumlandschaft aus. Vieles auf der zweiten Hälfte des Albums wirkt dagegen zähflüssig, unnötig ausgedehnt – als wären die Melodien, denen wir in den ersten Songs begegnet sind („The Hope Only Of Empty Men“, „Pomperipossa“) auf halber Strecke ermüdet oder von der finsteren Drone-Musik zu stark narkotisiert worden. Nur im Album-Closer „Stranger“ kehrt von Hausswolff nochmal zur eindringlichen, melancholischen Nachtmusik zurück: versöhnlicher Abschluss einer (zu) langen Messe.