Bob Dylan
Bob Dylan At Budokan
Col (Sony)
Bob Dylan auf Welttournee. Im Gepäck viele seiner berühmten Songs in völlig neuem Gewand: arrangiert für eine große Band mit Bläsern, Keyboards und Background-Sängerinnen, neugestaltet im Sound der späten siebziger Jahre. Drei denkwürdige Konzerte in Berlin, Dortmund und Nürnberg. Ein Teil der älteren Dylan-Anhänger ist irritiert, aber eine ganz neue, nachgewachsene Rockgeneration interessiert sich plötzlich für ihn. Finanziell bringt die Tour horrende Summen ein, die es Dylan erleichtern, die Scheidung von seiner Frau Sarah und das kommerzielle Debakel seines Films „Renaldo und Clara“ zu verkraften. Er kann also in jeder Hinsicht zufrieden sein mit dem Ertrag dieser Tournee; warum, so fragt man sich da zwangsläufig, mutet er seinen Fans nun ein so merkwürdiges Album zu?
„At Budokan“ wurde in Japans Hauptstadt Tokyo mitgeschnitten. Das war ganz am Anfang der großen Tour. Die Musiker waren noch nicht richtig aufeinander eingestimmt, die Band wirkte noch längst nicht wie aus einem Guß. Auch die neuen Arrangements saßen bei diesen beiden Konzerten am 28. Februar und 1. März 1978 noch nicht so recht, und so schleppt sich mancher Song der Doppel-LP schräg und schwerfällig über die Runden. Was das Album dennoch rettet, sind Dylans Persönlichkeit und die Faszination, die in seiner Stimme liegt; sind außerdem eine Reihe von Songs, die dit Band auch zum Tourbeginn schon gut im Griff hatte: „Bailad Of A Thin Man“ zum Beispiel, oder „Don’t Think Twice“, „One More Cup Of Coffee“, „Maggie’s Farm“, „Blowin‘ In The Wind“ und „Oh Sister“.
Unter den 22 Titeln des Albums ist übrigens kein Stück von Dylans jüngster Studio-LP „Street Legal“. Aber bei denen gab es ja auch kaum Unterschiede zwischen der Konzertund der Studioversion. Der Mut und die Selbstsicherheit, mit der Dylan jene Songs umformte, die eineinhalb Jahrzehnte Rockgeschichte widerspiegeln – sie waren die eigentliche Sensation der Welttournee. Und die wird durch „Dylan At Budokan“ durchaus dokumentiert. Aber es gab eben viel, viel bessere Konzerte im Verlauf dieser Tournee, unter anderem auch in Deutschland. Lief da nie ein Aufnahmegerät mit? Und wieso wurde „Dylan At Budokan“ schon im vergangenen Jahr in Japan, aber erst jetzt bei uns und in anderen Ländern veröffentlicht? Der rührende Hinweis der CBS auf die „schlichte Fairness gegenüber dem Fan“, der ansonsten hohe Import- oder noch höhere Schwarzmarktpreise zahlen müsse, reicht da als Antwort nicht.