Freiburg

Brief & Siegel

This Charming Man Records VÖ: 2. Oktober 2015

Das kompromissloseste Punk-Album des Jahres: Hardcore und Emo gehen auf dem dritten Album der Westfalen eine unheilige Ehe ein.

Gütersloh ist eine westdeutsche Industriestadt, wie sie im Buche steht: Heimat von Milliarden-Unternehmen wie Miele und Bertelsmann und dabei doch das Vortor zur Spießerhölle. Ein Ort, an dem es für Jugendliche ziemlich trist zugehen kann.

Die Kreisstadt zwischen Bielefeld und Münster bietet genug Zeit und Reibefläche um an feinster, gesellschaftskritischer Musik zu arbeiten. Freiburg leben zu ¾ noch immer in der Kleinstadt und finden in ihr genau die Inspiration, die ihr „unholy Emopunk“, wie sie es selbst nennen, braucht.

Ihr mittlerweile schon drittes Album beginnt mit einem infernalem Kickstart: „Wenn schon Scheiße, dann am Fuß“ gibt Sänger Jonas Brinkrolf die Route vor. Dies hier ist kein weichgespülter Deutschpunk, wie ihn heutzutage sogar Major-Labels zu domestizieren pflegen. BRIEF & SIEGEL ist kompromisslos und authentisch wie selten ein Album. Der Gesang weicht dem Geschrei anstandslos und legt die 80er/90er-Hardcore- und Emo-Einflüsse deutlich offen („Kanüle Abwärts“, „Tote Herzen“).

Ausgrechnet das im Promotext als „absoluter Megahit“ angepriesene „Sommer, Roggen und Er“ entpuppt sich, gerade wegen der Gastvocals von Duesenjaeger-Sänger Tobi Neumann, als holprigster Song des Albums. Dann doch lieber den grandiosen Schlusspunkt „Es ist vergangen“ anpreisen, der beweist, dass Freiburg nachdenkliche Melodien sehr gut stehen.