Lonnie Donegan – Puttin‘ On The Style

Wenn der fahrplanmäßige Zug der „Rock Island Line“ heute durch die Rillen rollt, dann nicht mehr als schrummelndes Waschbrett-Schnauferl, sondern als vollelektrifizierter Nostalgie-Express. 22 Jahre schließlich ist es schon her, daß Sänger und Banjospieler Anthony „Lonny“ Donegan mit diesem hitträchtigen Titel der Skiffle-Welle in England zum Durchbruch verhaJf. Seine erfolgreiche Simpel-Folklore vermengte sich später mit farbigem Blues und amerikanischem Rock’n’Roll zum Beat – und dessen Größen sind dem mittlerweile 46jährigen, fast vergessenen Lonnie allesamt eine Menge schuldig geblieben.

Unter Federführung von Producer Adam Faith haben sich jetzt etliche von ihnen zusammengerauft: Rory Gallagher, Leo Sayer, Zoot Money, Ringo Starr, Pete Wingfield, Elton John, Ronnie Wood, Klaus Voorman und und und… Mit dieser altgedienten Studio-Crew und noch älterem Song-Material rückt sich Rock-Rentner Donegan nach langer, gesundheitsbedingter Sendepause wieder ins verdiente Rampenlicht. Er hat den Rennern seiner Skiffle-Jugend das Rock-Kostüm der siebziger Jahre verpaßt, ohne sie ihrer swingenden Launigkeit oder ihres urwüchsigen Drivers zu berauben: das gilt für das furiose Glanzstück der LP, die erwähnte „Rock Island Line“, für das rockende und rollende „Diggin‘ My Potatoes“, das bluesige „Drop Down Baby“, für Stimmungs-Kamellen wie „Have A Drink On Me“, „Puttin‘ On The Style“ oder „Lost John“.

Ärgerlich altbacken allerdings kommt der ansonsten alles andere als verkalkt wirkende Lonnie zweimal daher: aus dem „Sloop John B.“ hat er ein streicherbefrachtetes, schicksalschwangeres Melodram gemacht, und der Rührfetzen „Nobody’s Child ‚ ist vermutlich auch eine Verbeugung vor dem Mehrheitsgeschmack jener britischen Muttis, die in Lonnies großen Tagen noch knackige Teenager waren. Zwei solche Ausrutscher lassen sich beim Niveau der restlichen acht Titel gut verkraften. Bleibt zu hoffen, daß Lonnie uns demnächst nicht vollends ins Lager gesetzter Schnulzbarden abdriftet.