Massive Attack :: Blue Lines Protection No Protection Mezzanine

Um auf die Niederkunft von Massive Attacks WEATHER UNDERGROUND vorbereitet zu sein, reicht einem die Plattenfirma in neuem Papp-Design eingewickelte Re-Issues der Bristoler TripHop Genies.

20 Jahre Massive Attack, das heißt 20 Jahre Trip-Hop. Auch wenn dieses Begriffsmonster zum Zeitpunkt der Bandgründung noch nicht geboren war. Mit ihrem Debütalbum blue Lines 5 legten die Bristoler 1991 den anonymen Grundstein für eine bald danach weltumfassende Revolution-eine der letzten in der aktuellen Musikgeschichte. Damit gaben sie einem Jahrzehnt gleich zu Beginn ein Gesicht: das Gesicht des Crossover, der Aufbrechung der Genres. Underground und Mainstream, Hochglanzmagazin und Kellerclub, Popkultur und Gegenkultur, alles kam hier zusammen. Massive Attack zerrieben Jazz, Rap, Dub und Soul und drehten eine wahrhaft berauschende Wundertüte daraus. Neben Nirvanas wütendem „Smells Like Teen Spirit“ schrieb das sensible „Unfinished Sympathy“ Geschichte als der Song, der sein Entstehungsjahr mit all seinen Ängsten und Hoffnungen zusammenfasste. Eine der größten Ängste wirkte sich sogar direkt auf die Band aus: Der tobende Irakkrieg machte es unmöglich, den Namen „Massive Attack“ zu behalten, und so fand sich auf vielen Pressungen von blue LiNEs der temporäre Künstlername „Massive“. Drei Jahre später erschien protection 5 und setzte die Geschichte fort. Zu nahtlos für viele, die der Platte ihren „More of the same“-Charakter übelnahmen. Zwar wurde der von Tracey Thorn gesungene Titelsong dank atmosphärischem Video ohne Umwege zum MTV-Hit.doch es bedurfte erst der zugedröhnten Remix-Version des Albums no protection 5 von Dub-Produzent Mad Professor, um die originäre Größe der Songs offenzulegen. Dennoch erlitt zunächst auch das’98er Werk mezzanine 6 dasselbe Schicksal wie sein Vorgänger. Geblendet von der oberflächlichen Harmlosigkeit des enorm erfolgreichen Wiegenlieds „Teardrop“, blieben die Kritiken maximal wohlwollend. Zugegeben, dieses Album musste erobert werden. Die dem Gesamtwerk Massive Attacks stets latent innewohnende dunkle Seite besiegte den Chill-Out. Die ausgestreckte Hand des sinistren Openers „Angel“ ließ sich nicht ausschlagen. Man verfiel der Versuchung, auch wenn man nur zu genau wusste, dass sie geradewegs in den Abgrund führen musste. Die Leadsingle „Rising son“festigte den Griff, bis einem schwarz vor Augen wurde. Mit dem urplötzlichen Einsatz ihrer albtraumhaften zweiten Hälfte riss sie einen gänzlich hinab in die Tiefe. Eine Platte von verstörender Intensität, mit der man nachts lieber nicht allein sein sollte.