The Twilight Singers

Nicht wenige hatten ihn wieder einmal abgeschrieben, doch glücklicherweise steht der alte Grunge-1 Dandy Greg Dulli nach jedem Niederschlag wieder auf, torkelt arrogant ein paar Schritte, bevor ihn der der nächste Schlag trifft. 1997 hätte es ihn dann aber doch fast erwischt. Erst hatte die Plattenfirma Warner Bros. ihn und seine Afghan Whigs vor die Tür gesetzt, dann gab ihm seine langjährige Freundin den Laufpass. Schon immer ein Freund großer Gefühle, machte er das, was ein Songwriter in einer solchen Situation eben tut: Er schrieb sich seinen Frust von der Seele, packte seine Koffer und quartierte sich mit ein paar Freunden in New Orleans ein, wo er seiner Trauerstimmung im Studio freien Lauf ließ. Zwischen Selbstzerstörung, Größenwahn und vergeblichen Liebesbekundungen eines Verlassenen entstand ein düsterer Offenbarungseid, an dessen Ende Dulli mit Magenbluten in die Klinik eingewiesen wurde. So jedenfalls sagt es die Legende. Fakt ist, dass die halbfertigen Aufnahmen mit u.a. Shawn Smith von Pigeonhed lange auf Eis lagen, die Afghan Whigs wieder das Kommando übernahmen und Dulli sich erst dieses Jahr durch die Bekanntschaft mit dem britischen Ambient-House Fila Brazilia wieder dem Projekt widmete. Die Aufnahmen wurden überarbeitet, und heraus kam ein Konzeptalbum über gescheiterte Beziehungen – Liebe und Tod bestimmen das Bild. Mit Piano, Akustikgitarren, geschmackvoller Rhythmik, melodramatischen Late-Night-Zutaten wie Trompeten oder Cello und vor allem allerhand Falsettgesängen bewegt sich der hoffnungslose Romantiker fernab des erwarteten Wall-of-Gitarren-Sounds und knüpft an die gelegentlichen Soulabstecher der Afghan Whigs an. Egal, ob die Entstehungsgeschichte nun authentisch ist, Greg Dulli ist mit diesem Werk seinen Helden Chet Baker und Marvin Gaye verdammt nahe gekommen und hat eine der ganz raren weißen Soulplatten geschaffen, bei deren Herzschmerz es sich so richtig schön mitleiden lässt. www.thetwilightsingers.com