Udo Lindenberg – Odyssee

Beim ersten flüchtigen Anhören dieser Scheibe hatte ich schon die Befürchtung, dies sei eine Fortsetzung der Vorjahres-LP KEULE, auf die der jetzige Titel ODYSSEE eher zutreffen würde: KEULE war eine stilistische Irrfahrt von Heavy-Rock (knallige Musik, schwache Texte) bis zu Neu-Deutsch-Gewelltem (Monotonie-Sound, lieber kein Wort über die Texte).

Viele Feinheiten der neuen LP zeigen jedoch, daß Kapitän Udo das Steuer zu Beginn des zweiten Jahrzehnts seiner deutschsprachigen Rockkarriere wieder fester in der Hand hält. Schnell ins Ohr gehen einige Swing-Nummern, bei denen Peter Herbolzheimers Bläser in einem modernen.tanzbaren £ ound sind – am überzeugendsten im Song „Sondeizug nach Pankow“ (Glenn Millers Chattanooga Choo Choo), in dessen bescheuert-witzigem Text udo erstmals einen Schlußstrich unter seine DDR-Auftritts-Bemühungen zieht.

Benny Goodman‘ „Stompin‘ At The Savoy“ hat er zum australischen Auswanderungs-Song „Dr. Kimbel auf der Flucht“ umgedichtet, über seinen eigenen Swing-Versuch „Mein Onkel Joe“ sollte man besser den Mantel des Schweigens hüllen. Hie wirken die „Locker-Sprüche“ eher bemüht, zu oft sollte man „Andrea Doria“ nicht wiederholen wollen. Da trösten höchstens die saftigen Saxophon-Soli von Olaf Kubier.

Generell entschädigt die Musik für manche textliche Formschwäche. Als wichtigster Neuzugang im „Odyssee“-Bordorchester brilliert übrigens Gitarrenkünstler Karl Allaut (Karl Brutal ‚aus dem Original Panik-Orchester). Viel Funk-Orientiertes mit fettem BAß-Synthie findet sich auf diesem Album (wenn beim Song „Ich bin beim Bund“ bloß der Refrain nicht so blöd wäre, – Motto: Reim dich oder ich fress dich!). Gelungen ein schleppender Klumpfuß-Tango („Heyooh Guru“) und die schöne Synthesizer-Ballade „Kleiner Junge“. Udo Lindenberg, der große Junge, hat, das zeigt diese neue Platte, sein Pulver noch nicht verschossen, 4 (Musik) 3 (Text)