Spice —- sechs Bleichgesichter, schwärzer als die CDU erlaubt


Sechs freundliche Jungs aus dem provinziellen Hannover grooven los, als wären sie – nun, vielleicht nicht die langjährige Begleit-, aber doch immerhin die Backing-Band von James Brown höchstpersönlich. Sechs Bleichgesichter jedenfalls, die sich der tiefschwarzen Musikkultur verschrieben haben, speziell den aufregenden 7oern. An George Clinton denkt man bei ihren Liedern wehmütig zurück, als der Mann noch richtig funky war, an M.F.S.B, (kennt die noch jemand?), an Rick James, Sly Stone oder den frühen Stevie Wonder. Aber auch an „Easy Listening“-Pionier Burt Bacharach oder die Small Faces. An alles also, was swingt und fetzt und dabei nicht an einen Trend gebunden ist, sondern von zeitloser Eleganz geprägt ist. Spice nennt sich der Sechser aus Niedersachsens Hauptstadt, der für diesen Stilmix verantwortlich zeichnet und er hat soeben mit ‚Vario Bei Air‘ den Nachfolger zum überaus erfolgreichen Debütwerk ‚Fred’s Bowling Center‘ vorgelegt. Daß sich Spice nicht die Spur um kurzlebige Trends scheren, beweist schon ihr stures Festhalten an Modeerscheinungen, die man längst in der Vergangenheit wähnte. Peinlich wirkt das an ihnen dennoch nicht, vielmehr konsequent. So sehen die Schlaghosen an den Jungs echt lässig aus, selbst die Backenbärte geben ihnen etwas Verwegenes, genauso die runden Nickelbrillen gegen zuviel Sonne. Gegründet wurde die Formation vor gerade mal drei Jahren als Session-Band. Schon nach ihrem ersten improvisierten Auftritt im Vorprogramm von Funk-Legende Maceo Parker heimste das Sextett einen Plattenvertrag ein. Seitdem ging es steil bergauf: Eigene Stücke wurden in fieberhafter Eile komponiert, das erste Album erschien, die Band wurde zu den ‚MTV Music Awards‘ eingeladen, „DoRo“ produzierten den Videoclip zu ihrer zweiten Single ‚Funkiest Body In Town‘ und kein Geringerer als Star-Produzent Yak Bondy (Lisa Stansfield, Ronny Jordan) hat die Produktion der ersten Langrille in Angriff genommen. Der zeichnet sich rein studiotechnisch auch für die zweite Scheibe der norddeutschen Funk-Fregatte aus. Und beweist damit, daß es kein Quantensprung sein muß, den warmherzigen Soul-Sound der 70er ohne eine Spur von Anachronismus in die kühlen 90er zu übertragen.