Thrashflegel mit Manieren


Die vier Könige des Thrash-Metal vergolden ihr neues Album mit manierlichem Mainstream. Hinter der wundersamen Wandlung von Metallica steckt wie immer mehr als nur ein kluger Kopf.

Marmor, Stein und Eisen bricht, und daher ist es auch nicht gerade ein Wunder, daß selbst hartgeschweißte Trash-Metaller es mal mit einer neuen, elastischeren Legierung versuchen: „Es war für uns bisher die größte Herausforderung, jedes verdammte Riff des Universums in einen einzigen Song zu packen — und es dann noch gut zu machen!“ James Hetfield, Gitarrist und Sänger von Metallica, sagt das nicht ohne den Stolz eines verkannten Genies. Jetzt machen wir ziemlich genau das Gegenteil. Vielleicht eine noch größere Herausforderung!“

Wahrscheinlich auch die weiseste Stil-Entscheidung, denn in Sachen Thrash und Speed haben Metallica alles erreicht, was eine Ultra-Endzeit-Combo erreichen kann: Nach… AND JUSTICE FOR ALL, das 1988 bei den Headbangern rund um den Erdball auf millionenfache Gegenliebe stieß, konnte es in diesem Genre kaum noch eine weitere Umsatz-Steigerung geben.

Zusammen mit dem Erfolgs-Profi Bob Rock als Producer probierte das Quartett in Los Angeles neue und deutlich Mainstreamorientierte Wege aus. Mit Bob Rock, dessen Soundkünste bereits Mötley Crüe und Bon Jovi zu vielfachem Platin verhalfen, ging’s acht Monate lang gezielt und für die Band ungewohnt deutlich zur Sache. Denn Mr. Rock ist kein Mann, der seine Kreise in aller Stille zieht. „Bob sollte uns vor allen Dingen helfen, voluminöser und mächtiger zu klingen“, erzählt der dänische Drummer Lars Ulrich, damit hatten wir früher immer Probleme.“ Diese Aufgabe löste Rock dadurch, daß er weit über die eigentliche Arbeit hinausgehend in die Musik von Metallica eingriff.“.Es war ein komisches Gefühl, daß da plötzlich jemand saß, der einfach sagte, , Warum nehmt ihr jetzt nicht drei Akkorde lang F-Dur und spielt das Riff dann so und so'“, fügt Bassist Jason Newstedt hinzu. „Aber so etwas hatten wir ja gewollt, und es funktionierte letztendlich prima.“ METALLICA heißt schlicht und einfach das fünfte Werk der jetzt in San Francisco lebenden Band, und obwohl es nach Ansicht der Musiker simpler gestrickt ist, hat die Musik an Reiz gewonnen. Auch für den normalen Rock-Konsumenten, denn die klaustrophobische Enge und manische Hektik, die beim Thrash-Metal oft die musikalische Klasse der Akteure vernebelt, ist über weite Strekken verschwunden. Elektrische Sitar („Wherever I May Roam“) oder gar Celli („The Unforgiven“) irritieren altgediente Fans. Doch letztlich kommen viele der neuen Impulse aus den rock-orientierten Strukturen der Songs selbst, die meist von Ulrich und Hetfield während zwei Monaten Klausur in Kalifornien geschrieben wurden.

„Wir haben einfach mal versucht, eine Stimmung konsequent durchzuhalten“, wiegelt Ulrich vorsorglich alle Kommerzialitäts-Vorwürfe ab, „das ist einer der größten Unterschiede zu früher. Die Songs sind konzentrierter, bauen eine Atmosphäre auf und investieren sie dann, statt sie gleich wieder zu zerstören. „Trotzdem sind Ulrich und Hetfield behutsam zu Werke gegangen, denn neben neuen Pfaden werden Metallica-Anhänger auch mit „The Struggle Within“ oder“Sad But True“ auf durchaus bekanntes Thrash-Terrain geführt. Schließlich will man nicht alle Brükken hinter sich abbrechen.

Spezialisten für goldene Brücken im Hardrock-Geschäft sind die beiden Herren Peter Mensch und Cliff Burnstein, ihres Zeichens Metal-Manager der gehobenen Art und seit Jahren Agenten von Metallica. Mensch und Burnstein betreiben seit 1982 das Unternehmen „Q Prime Inc.“, das neben Metallica u.a. auch Queensryche, Def Leppard und Tesla zu verschärftem Erfolg verholfen hat. Beider Background ergänzte sich hervorragend: Mensch kam vom College Radio, Burnstein war Promotion Manager bei Mercury Records. Beide sehen sich bescheidenerweise nur als „Förderer“, die ihren Künstlern größte Freiheit lassen. „Wenn immer mehr Leute merken, wie wichtig die Band ist, geht das auch ein bißchen auf unser Konto“, sagt Cliff Burnstein. „So merken auch immer mehr Radiostationen, daß sie Metallica spielen können. Denn wenn man in den USA zweieinhalb Millionen von einem Album verkauft hat, gehört man zu keiner Minderheit mehr!“ Mensch und Burnstein sind feinfühlig, wenn es darum geht, den Dingen die richtige Richtung zu geben. Ebenso wie Producer Bob Rock, dessen Verdienste genauso technischer wie menschlicher Art sind, wenn er selbstbewußten Musikern präzise (und meist richtige) Tips gibt. Metallicas Lars Ulrich jedenfalls bewies eine gute Nase, als er Peter Mensch sagte, er solle Bob Rock als Mix-Chef holen, weil er „den Sound von Mötley Crüe so liebt. “ Eine Verbindung funktionierte. Denn Metallica klingen immer noch wie Metallica. Nur irgendwie noch „rockiger …