Udo Lindenberg – Hamburg, CCH


Ich dachte an einen mittleren Pflichtbesuch bei ,Uns Udo‘, der leider noch immer einzigen Kult-Figur im deutsch singenden Rock-Business.

Acht Jahre Udo; die Paniker, gute, ja wegweisende, sehr gute Platten, doch auch mittelmäßige und insgesamt (für meinen Geschmack) ein paar zuviel. Erfolgreiche Tourneen, Spektakel bis zum Zadek-Exzess, Udos Film „Panische Zeiten“ – was sollte eigentlich kommen?

Doch Udo, das Schlitzohr, hat im rechten Moment noch einmal die Kurve gekriegt. ,Die Heizer kommen‘, ein Slogan, der mich eher an verräucherte Dampfloks und Skandale im Olympischen Schlittensport anno ’68 erinnerte, wurde – rückwirkend gesehen – Udos erfolgreichste Tournee in seiner Laufbahn. Das hat Ursachen: Udo ging zum Teil in kleinere Hallen (senkte so die enorm hohen Fixkosten), ließ allen Schnickschnack weg, und besann sich darauf, daß man die Fans auch mit ,pure music‘ (=Udo) anmachen und begeistern kann…

Im ausverkauften CCH (gut 3000 Plätze) kam eine Panische Rock-Familie auf die Bühne, die so frisch war, daß ich meinen Augen und Ohren nicht trauen wollte. Ohne Speed, Koks und Alkohol hatten Udo & Co. eine Power, die sich in Minutenschnelle auch auf das wahnsinnig gemischte Publikum übertrug. Udo, durch seine Abstinenz rank und schlank und mit toller physischer wie stimmlicher Kraft,war in Höchstform – nicht anders sein Panik-Orchester, das durch Hannes Bauer, den Gitarristen, der Paul Vincent und I. Kretschmer ablöste, neue Impulse bekam, die sich absolut positiv bemerkbar machten. Schrieb ich noch vor wenigen Wochen in anderem Zusammenhang von Jean Jacques Kravetz, daß er beim Spielen sicher mehr an die gute französische Küche denkt, hing am Alt-Saxophon. Ein präzises rhythmisches Feuerwerk, ein gut zu verstehender Lindi, ein Konzert, daß von Minute zu Minute heißer wurde und alle bisher gekannten Fesseln im CCH, dem so eklig kühlen Laden, sprengte.

Ach so: Helen Schneider war auch dabei. Sie wurde sogar von den Tausenden ziemlich stark gefeiert. Daß sie mich auch nur ein Fünkchen begeistert hat, kann ich an sich nicht sagen. Ich teile die Euphorie vieler Kollegen zu dieser Dame nicht und bin auch nach dem Lindenberg-Konzert noch immer nicht davon überzeugt, daß sie eine Rocksängerin ist. Eine gute Sängerin, das mag sein. Und für die Tour sicher auch für beide Seiten ein willkommener Promotion-Effekt. Doch Udo hat das – in dieser Form – nicht nötig. Auch muß ich feststellen, daß seine Texte im klug zusammengestellten Programm nichts an Richtigkeit und Präsenz verloren haben. Es war ein tierisch starkes Konzert.