Und was macht eigentlich Tarantino?


Um Kultregisseur Quentin Tarantino ist es in letzter Zeit verdächtig ruhig geworden. Ist er womöglich gar kein Star mehr?

Pulp Fiction und ein Ende. Zwei Jahre nachdem Quentin Tarantino, 33, zum Kultregisseur avancierte, ist es still geworden um den einstigen Liebling Hollywoods. Zwei Filme (plus Drehbücher und Story-Ideen zu Hits wie ‚Natural Born Killers‘, ‚True Romance‘ und ‚From Dusk till Dawn‘) hatten dem ehemaligen Verkäufer in einer Videothek genügt, um allen Ernstes mit Filmriesen wie Orson Welles verglichen zu werden. Immerhin hatten Hollywoods Studiobosse einen neuen Liebling gewonnen. ‚Pulp Fiction‘ drehte der exzentrische Tarantino mit einem Budget von nur 8 Millionen Dollar runter. Bis heute spielte der Streifen weltweit lockere 210 Millionen ein. Quentins Erstling ‚Reservoir Dogs‘ hatte ähnliche Renditen erzielt. Zu den reifen Profiten durften sich die Studios sozusagen als Bonus auch noch mit dem Mäntelchen ‚Filmkunst‘ versehen. Denn weltweit wurde Herr Tarantino, dessen Filme Pop-Kultur mit witzigen Dialogen und extremer Gewaltdarstellung verbanden, als der neue Heilsbringer des amerikanischen Kintopps verkauft. Doch letztes Jahr tauchte der kantige Shooting Star ab. Der Hollywood-Outsider (er wohnt in derselben Wohnung wie früher und fährt immer noch seinen Geo Metro-Kleinstwagen) führte zwar noch Regie in einer Episode der US TV-Ärzte-Oper ‚Emergency Room‘ und einem Segment des eher fragwürdigen Streifens ‚Four Rooms‘. Doch abgesehen davon ward Quentin hinter der Kamera nicht mehr gesehen. Er veranstaltete lieber obskure Retrospektiven über ‚Blaxploitation‘-Filme oder das ‚Tarantino Film Fest‘ in Austin, Texas, mit Filmen aus QTs eigenem Schlockfilm-Archiv (darunter Juwelen wie ‚Jackson County Jail‘ mit, so Quentin, „einer der besten Vergewaltigungsszenen, die es gibt!“). Dazu kamen noch Auftritte als Schauspieler in Nebenrollen, die ein Kritiker der New York Daily News mit „Als Schauspieler ist Tarantino ein besserer Regisseur“ kommentierte. Und unzählige Auftritte an der Seite seiner Freundin Mira Sorvino in den Klatschspalten Amerikas. „Quentin genießt die Rolle des Stars“, sagt Regisseur Michael Steinberg, alter Freund Tarantinos. „Er hat es verdient. Quentin veränderte die Filmszene ähnlich wie Kurt Cobain die Rockmusik. Laßt ihm doch seinen Spaß.“ Den hat er gehabt. Nun arbeitet er wieder. Mit aufgetankten Batterien dreht Tarantino den Film ‚Rum Punch‘, die Geschichte eines Waffenschmugglers in Palm Beach, Florida, und schreibt gleichzeitig – in wahrer QT-Manier – das Drehbuch für den nächsten Film, ‚Pulp Fiction, Teil 2‘.