Jon Bon Jovi: Freizeit Cowboy


Jons Szene ist nur kurz, doch lang genug, um die Gerüchte wild wuchern zu lassen: Ist sein Kurzauftritt in "Young Guns II" der Anfang vom Ende? Ist Jon Bon Jovi auf dem Weg nach Hollywood? ME/Sounds-Mitarbeiter Wolf Kohl fragte den Stein des Anstoßes.

„Oh, Mann, wenn du mir Anfang des Jahres gesagt hauest, daß ich jetzt schon wieder hier sitzen und Interviews geben würde, dann hätte ich dir ohne das geringste Zögern geantwortet: Nur über meine Leiche!“

Da wir von Leichen reden: Bedeutet Jons Soloalbum BLAZE OF GLORY das Ende der Gruppe? Brillanter Übergang, schlechte Strategie. Wir verkneifen uns die Frage. Denn die auf happy gequälte Standard-Antwort ist längst bekannt. Der 28jährige Smartie versteht die PR-Maschinerie besser zu melken als ein Almhirt die glücklichen Kühe. „Bon Jovi wird sich nicht trennen, wir brauchen nur eine kleine Pause voneinander“, hatte er letzte Woche der US-Fernsehdame in die himmelblauen Kontaktlinsen gelogen. „Bon Jovi wird sich nicht trennen, capichi, hahaha, wir brauchen nur eine kleine Pause voneinander“, verkündete Jon noch vor wenigen Minuten im Telefoninterview mit Rom.

Die Werbetrommel um Jons Solodebüt wird laut geschlagen, aber nicht laut genug, um das Trapsen ganzer Nachtigallenbataillone zu überdröhnen. Doch spielen wir halt Interview, sprechen wir über Jons Mini-Auftritt in „Young Guns II“.

„Meine Szene ist so kurz, daß man schon verdammt genau hinsehen muß, um mich zu erkennen. Aber ich hab ’ne Großaufnahme. „Warum Jon später alle Filmfotos von sich selbst vernichten läßt und sein Name im Filmnachspann nicht auftaucht, ist nicht zu erfahren. Er wollte, so heißt es hinter den Kulissen, nicht den Eindruck erwecken, als sei er auf dem Sprung nach Hollywood.

„Emilio Estevez ist ein guter Freund von mir“, fährt Jon fort, „und er hatte mich gefragt, ob man ‚Wanted Dead or Alive‘ als Filmmusik für ‚Young Guns II‘ verwenden könne. „Bon Jovi hatte eine bessere Idee: Er schrieb nicht nur den Song „Blaze Of Glory“, sondern gleich zehn weitere Songs, einen kompletten Soundtrack.

Weitere Filmpläne? Ein energisches NEIN. Der Boy aus New Jersey ist Rock V Roller mit einem Kopf fürs Business. Der Mann, der Gruppen wie Cinderella, Skid Row und andere entdeckt und gefördert hat und der auf vielen Platten von Freunden unerkannt und ungenannt mitspielt, ist momentan damit beschäftigt, sein eigenes Label zu gründen. „Pirate Records“ sollte es heißen. Platten-Partner PolyGram jedoch sträubte sich gegen den Namen: Er erinnere zu sehr an Bootlegs. Jetzt soll das gemeinsame Kind „Rebel Records“ heißen.

Die erste Gruppe? „Ich habe mich noch nicht entschieden“, sagt Bon Jovi, „zwischen einer noch unbekannten Gruppe oder vielleicht auch Richies Solo-LP.“

Hatte er nicht gerade erst in der vergangenen Woche verkündet, er selbst wolle an Richie Samboras Platte mitwirken? „Nein, mache ich ganz bestimmt nicht. Richie soll mal zeigen, was er allein zustandebringt.“

Endlich, der interessante Teil des Interviews. Also doch Krach im Paradies? „Ich will’s mal so ausdrücken“, grinst Jon: „Richie und ich haben seit einem Monat nicht miteinander geredet, und wenn wir uns im Büro unseres Managers begegnen, dann nicken wir mit dem Kopf sagen artig „Guten Tag‘, und damit hat sich’s.“

Klingt nicht sehr freundlich. „Wir sind 16 Monate lang um die Welt gezogen, 237 Gigs, und haben ständig aufeinander gehockt. “ Und: „Bon Jovi wird sich nicht trennen. “ Die Zeile kennen wir schon. Und: „Wir brauchen nur eine kleine Pause voneinander.“

Ein jetzt sichtlich relaxter Jon Bon Jovi hat für uns jedoch einen ehrlicheren Spruch parat: „Im Augenblick behandeln wir uns gegenseitig wie eingeschnappte Hausfrauen. „

Die freilich müssen Ende des Jahres noch für 16 Konzerte nach Malaysia und Singapore. In fröhlicheren Tagen abgeschlossene Verträge lassen ihm nun mal keine andere Wahl.