Bonaparte


Eine Electro/Pop/Punk-Band, die den Begriff "„Rockzirkus" ernst nimmt - und ihn gleichzeitig weiterdenkt.

Spricht Sänger Bonaparte von seiner gleichnamigen Band, verwendet er fast ausschließlich das Wort Zirkus. Was das im Fall der Berliner Elektropop-Combo bedeutet, erklärt sich am besten live: Eine boxende, paranoide Ziege, ein leicht bekleideter, Blut spuckender Hase treiben sich da auf der Bühne herum, gelegentlich auch ein polnischer Geist. Dazwischen: Bonaparte, mit schwarz geschminktem Auge. „Inzwischen ist es schon so, dass wir mehr Kostümkoffer haben als Instrumentenkoffer“, sagt er grinsend. „Das ist momentan zwar auch nur eine Phase, aber es macht wirklich Spaß. Abgesehen vom Zirkus geht es mir um die Lieder, und das wird auch immer so bleiben.“

Ursprünglich wollte Bonaparte, der eigentlich Tobias Jundt heißt, in jeder Stadt, in der er auftrat, mit dort ansässigen Menschen spielen. „Die erste Station war Berlin. Die Show gefiel allen so gut, dass wir gleich als Band weitermachen wollten. Und so ist das alles geblieben -ganz zwanglos: Während der Tour springen Leute auf, die Lust haben, bei uns mitzumachen, und andere verlassen die Band wieder. Die Leute sollen das tun, worauf sie Lust haben. Wir haben auch keine Vorgaben, was Kostüme oder Instrumente betrifft. Das entscheidet jeder für sich.“

Auch musikalisch sind bei dem Kollektiv Freiheit und Spaß zentrale Elemente. Kategorien greifen meist zu kurz. Bonaparte spielen rhythmisch treibende Tanzmusik, die bereits als Avantgarde, Nu-Rave und Elektro bezeichnet wurde. Ihnen selbst ist nicht wichtig, welchem Genre ihre Musik zugeordnet wird – entscheidend ist lediglich die Tanzbarkeit:

„Wenn wir für ein paar Monate im Dschungel waren, würden wir wahrscheinlich mit Trommeln und Holzinstrumenten experimentieren. Aber auch da würde gelten: Das Herz ist immer noch der Beat. Es geht uns um die Dringlichkeit und die Energie. Wie man das dann nennt, ist mir egal“, sagt er. Nicht ganz so kalt lässt ihn dagegen die bisweilen gemachte Behauptung, Bonaparte seien „Dada“: „Meine Texte sind mir sehr wichtig, da verarbeite ich vieles, was mir zu Herzen geht. Manche sagen, dass es darin keinen Sinn gibt, aber meine Songs haben eine mir sehr wichtige Botschaft – auch wenn man sie nicht sofort erkennt.“

Bonapartes erstes Album too much hat schicke Trash-Elemente und lebt von der Experimentierfreude. Trotzdem wird das Künstler- und Musiker-Kollektivwohl doch mehr Zirkus bleiben, als zu einer klassischen Band zu werden, „too much ist nur eine Momentaufnahme, da sind wir längst darüber hinweg. Bei uns geht es immer um das, was jetzt passiert -und das sind einfach die Live-Shows. Aber mal sehen, vielleicht wird es ja auch irgendwann eine Bonaparte-Plattegeben, die wir nur mit Orchester einspielen.“ Bonaparte too much (Staatsakt/Indigo) >» CD IM ME S. 51, ALBUMKRITIK S. 74