HipHop-Geschichte

Die besten US-Rap-Alben der 90er: Dr. Dre rehabilitiert sich auf 2001


Das zweite Studioalbum von Dr. Dre ging mehrfach Platin und bugsierte Andre Young nach mehreren gescheiterten Projekten zurück an die Spitze der HipHop-Szene. Das hier ist die Geschichte von 2001.

Weniger ist mehr

Wer dachte, Dre gönnte den Hörer*innen dazwischen eine Verschnaufpause, lag falsch – Songs wie „The Watcher“, „Fuck You“ und „What`s the Difference“ setzten da an, wo die Singles aufhörten. Mit dem elften Track „The Next Episode“ zischte zudem der nächste Partyhit um die Ecke. Für das mächtige atmosphärische Intro des Songs sampelten Dre und Mel-Man „The Edge“ von David Axelrod und Dave McCallum. Im Outro glänzte Nate Dogg mit einer kurzen, aber feinen Ode an sein Lieblingskraut. Der Song ist bis heute eine unbeugsame Westcoast-Hymne. Ein weiterer Song, der durch sein Instrumental beeindruckte, ist „Xxplosive“ mit Hittman, Kurupt, Six-Two und Nate Dogg. Dre und Mel-Man modifizierten das verträumte und friedliche „Soul Mann & the Brothers“-Instrumental „Bumpy’s Lament“ aus dem „Shaft“-Soundtrack zu einem beschleunigten Gegenpart – das mit seinen kraftvollen Drums und einem glasklaren Sound abhob.

Nach all diesen Highlights versiegte das Feuer ein wenig. Es folgten viele Songs mit Hittman, dem Zögling von Dre sowie relativ unbekannten Rappern wie Ms. Roq und Knoc-Turn’al. 2001 verfügte über 22 Tracks – bei so vielen Songs stellte sich damals wie heute die Frage, ob ein paar weniger der Qualität nicht gutgetan hätten. Hier lautet die Antwort eindeutig – „ja“.

Der Clip von „The Next Episode“

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Misogynie pur

Neben Dres Status als Koryphäe und dem Gangster-Lifestyle wiederholte sich ein weiteres Thema auf 2001 – Frauen. Doch nicht im romantischen Sinne eines liebestrunkenen R&B-Albums. Nein, im Rap der Neunziger war es in, den harten Macho zu markieren. „But (but what?) we don’t love them hoes“ –  rappte Snoop Dogg bereits auf „Gin and Juice“ von 1992. „The Dogg Pound“-Kollege Kurupt führte diese Tradition fort und flüchtete sich auf „Xxplosive“ in Zuhälter-Fantasien. Allgemein führten Dre und Konsorten die Verwendung des Wortes „Schlampe“ auf 2001 ad absurdum. Bereits zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wurde das Album aufgrund seiner expliziten und frauenverachtenden Lyrics kritisiert. Schon damals hörte sich viele Passagen primitiv und ermüdend eintönig an.  

Ungewöhnlich persönlich

Dass es auch anders ging, bewies Young auf dem vorletzten Song von 2001 – „The Message“. Der Track stellte auf zweierlei Arten eine Ausnahme dar. Erstens war es der einzige Song, der nicht von Dre und Mel produziert wurde (stattdessen von Lord Finesse) – zweitens brach er thematisch aus. Dre offenbarte einen Blick in sein Inneres und reflektierte über den Verlust seines jüngeren Halb-Bruders Tyree, dem 1989 bei einer Auseinandersetzung das Genick gebrochen wurde. Zwar schrieb Royce da 5’9″ „The Message“ über die eigenen schmerzhaften Erfahrungen und einen Freund, dem in den Hals geschossen wurde, jedoch passten die Worte zu dem Todesfall von Dres Bruder. Royce da 5’9″ äußerte sich 2011 im Gespräch mit „Complex“ über den Track:

„Ich habe die Strophen geschrieben, aber ich wusste nicht einmal davon, wie Dr. Dres Bruder getötet wurde. In Wirklichkeit habe ich über eine Erfahrung gerappt, die ich hatte. Ich habe den Song geschrieben, und als ich in die Kabine ging und ihn auflegte, war Dre ganz still. Ich weiß noch, dass ich dachte: ,Verdammt, warum ist er so still?‘ Da kam die ganze Sache mit seinem Bruder zur Sprache.“

„The Message“ von Dr. Dre

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