Die New Radicals bestehen im Grunde nur aus einer Person: Gregg Alexander


Sein Alter verrät er nicht. Seine Augen sieht man nicht. Seine Band gibt es nicht. Und sein Album ist der schrägste Mainstream-Pop, seit es das Wort „radiotauglich“ gibt. Die New Radicals, das sind Gregg Alexander aus Grosse Pointe in Michigan, eine Acid-Kappe und eine neue „Band“-Idee. „Das Grundkonzept der New Radicals folgt einer Drehtürpolitik – verschiedene Musiker können kommen und gehen, ohne feststehendes Line-up. Ich wollte es völlig anders haben als normal. Deshalb hab‘ ich das Album auch selbst produziert. Ich wollte nicht, daß irgendein Produzent reinkommt, und das Ergebnis plötzlich nach einer anderen Band klingt“, so Alexander, halb Control Freak, halb zu begabt, um sich reinpfuschen zu lassen. Aufmerksamkeit hat er mit seinem aktuellen Album („Maybe You’ve Been Brainwashed Too“) durch die Single „You Cet What You Give“ erregt, und zwar auf zweierlei Art: Zum einen hat der ungewöhnliche aber glatte Song Radioredakteure, die täglich an der paradoxen Suche nach möglichst individuellen Zutaten für ihren Programm-Einheitsbrei verzweifeln, in Triumphgeschrei ausbrechen lassen. Und zum anderen tritt der Neuling Alexander im Text verbal nach etablierten Kollegen: „Beck Hanson, Courtney Love and Marilyn Manson/You’re all fakes, run to your mansions/Come around, we’ll kick your ass in“. Seit kurzem beteuert Gregg Alexander, mißverstanden worden zu sein. Er sei eigentlich ein großer Fan von all den Genannten. Der Sinneswandel mag allerdings auf die freundliche Antwort zurückzuführen sein, die Marilyn Manson Gregg Alexander gab: „Ich spreche hiermit eine öffentliche Einladung an den Sänger der New Radicals aus. Ich werde seinen Schädel aufbrechen, wenn ich ihn sehe.“ Alexanders Spielchen hat also gezogen – zu einem cleveren Album hat er die nötige Presse. Fehlgeschlagen sind jedoch zwei frühere Versuche, reich und berühmt zu werden. Die LPs „Michigan Rain“ (1989) und „Intoxifornication“ (1991) hatte Alexander als Teenager eingespielt, sie blieben jedoch unbeachtet. Waren sie doch hauptsächlich Ergebnis der Hartnäckigkeit von Alexander, der während seine Freunde zu Hause in die Schule gingen – mit seiner Musik monatelang den Plattenfirmen in Los Angeles auf den Geist ging. Als der frühe Karrierestart fehlgeschlagen war, begann Alexander eine wunderliche Odyssee durch England und Amerika. Ais Wohnsitz nennt er für diese Zeit sein Auto und den New Yorker Central Park. „Ich hab‘ fast alle Drogen und fast alle Stellungen ausprobiert, unter der Maske fast aller Religionen mit fast allen Geschlechtern auf fast allen Kontinenten“, prahlt er heute. Und doch hat er es geschafft, in dieser Zeit u.a. Songs für Belinda Carlisle zu schreiben und das Material für „Maybe You’ve Been Brainwashed Too“ zusammenzustellen.