Embrace


BELEUCHTER TURNEN AUF UNSICHTBAREN Strickleitern unter die Hallendecke, schwergewichtige „Lads“ schütten sich gegenseitig Bier über die Anoraks oder warten einfach mit erwartungsvollen Gesichtern. In alter Oasis-Manier prangt der weiße Schriftzug „Embrace“ auf schwarzem Vorhang über der Bühne schon Minuten bevor die Lichter im Londoner Astoria ausgehen gibt es keinen Zweifel, dass hier ein echtes Rock’n’Roll Konzert stattfinden wird. Und als auf den Schlag um 21 Uhr die Finsternis vom Hallenhimmel stürzt und Embrace winkend einmarschieren, da erhebt sich Gekreische, das Wes Craven vor Neid erblassen ließe. Die Fangemeinschaft verehrt die McNamara-Brüder leidenschaftlicher als die Königsfamilie.“The Way I Feel“ ist derOpener, die Halle tobt, die Luft vibriert und alles andere ist vergessen. Und Embrace verlieren keine Zeit: An dritter Stelle der Setliste steht mit schwarzem Edding „All You Good Good People“ geschrieben, um viertel nach neun ist die Schlacht bereits entschieden. Als die ersten Akkorde der britischen Nr. i-Singledas Haus erschüttern, drängeln leichtbekleidete Mädchen rücksichtslos nach vorne, werfen die Arme in die Luft und tanzen. Die Herren im Publikum singen ernst und hingebungsvoll die Gröl-Refrains mit einer Leidenschaft, die inseleigen ist. Während Richard zweite Stimme singt und inbrünstig das Ohr an der hochgezogenen Schulter reibt, trommeln zwei trunkene Freunde an der Balkonbrüstung so selbstvergessen Luft, dass sie jeden Augenblick in eine Menge zu stürzen drohen, aus der sowieso mehr Schuhe als Köpfe ragen. Es ist ein magischer Abend, die Band wirkt extrem entspannt und ausgeglichen, und die sympatischen Brüder wissen, wie man ein Publikum befriedigt: Obwohl Embrace ihr zweites Album „Drawn From Memory“ zu promoten haben, gibt es nur eine Hand voll neuer Songs zu hören. Grund dafür mag zu weniges Proben sein, denn bei der neuen Single „You’re Not Alone“ liegt Danny McNamara stimmlich streckenweise beeindruckend weit daneben. „Ich will die Geduld der Fans nicht überstrapazieren, die wollen alte Songs hören“, erklärt er im Interview.“Außerdem sind wahrscheinlich eine ganze Menge Bootlegger da draußen.“ Highlights in einer durchweg spannenden Show sind „One Big Family“ und der gesamte akustische Zugabenblock mit „That’s All Changed Forever“,“Hooligan“ und „Fireworks“.