Für Pink Floyd gibt es keine vorgezeichneten Wege


NICK MASON, ROGER WATERS und RICK WRIGHT verbringan viel Zelt mit Ihren Frauen und Kindern. Gitarrist Dave Gilmour ist nicht verheiratet. Er ist das Lieblingsobjekt von Englands Groupies. Wright ist der Meinung, bei Frau und Kind könne man am besten entspannen.

Die Gruppe, die vor Jahren durch „Arnold Lane“ und „See Emily Play“ bekannt wurde, arbeitet zur Zeit wieder einmal an Repertoire und Show.

WRIGHT: Hin und wieder ist es notwendig, den Act zu verändern. Das ist gut für die Gruppe selbst und für das Publikum. Man hat uns oft vorgeworfen, immer dasselbe zu machen. Deshalb beschlossen wir, ein bisschen an unserer Show herumzubasteln. Wenn die Räumlichkeiten es zulassen, arbeiten wir heute mit Bengalischem Feuer und einer ganz neuen Lichtanlage. Ausserdem ist unser Repertoire um ein paar neue Nummern erweitert worden. Aber natürlich haben wir nicht alle alten Stücke über Bord geworfen. „Careful Wlth That Axe Eugene“ zum Beispiel werden wir sicherlich noch eine Weile spielen. Das Publikum will es so und ausserdem bringen wir das Stück jedesmal wieder in einem neuen Gewand.

PINK FLOYD spielt schon sehr lange in dieser Besetzung. Ist es nicht möglich, dass Ihr eines Tages nicht mehr weiter könnt?

WRIGHT: Wir haben tatsächlich Perioden, in denen wir nicht sehr aktiv sind. Es gibt Momente, da wissen wir eigentlich nicht so recht, was wir machen sollen. Vor und während der Aufnahmen von „Atom Heart Mother“ waren wir ziemlich lustlos. Man fragt sich dann, ob es überhaupt noch Sinn hat, weiterzumachen. Aber solche Perioden gehen meist von selbst vorüber. Nach „Atom Heart Mother“ kam „Meddle“. Unser grosses Problem ist die Tatsache, dass wir beim Komponieren immer völlig im Dunkeln tappen. Es gibt bei uns nie eine feste Basis, von der man ausgehen kann. In einer Bluesgruppe zum Beispiel kommt es nur darauf an, die Technik beizubehalten und beim Komponieren ein bekanntes Schema zu handhaben. Bei uns gibt es keine Richtlinien, keine festgelegten Wege. Wir müssen alles von Grund auf selbst ausarbeiten.

Pink Floyd komponiert die meisten Stücke direkt im Studio. Eines der Mitglieder kommt mit Ideen, die dann von allen besprochen und ausgearbeitet werden. so entstand u. a. „Echoes“, das Stück, das eine ganze Seite von „Meddle“ für sich beanspruchte. Die Gruppe hält „Echoes“ noch immer für das beste, was sie je zustandegebracht hat und Wright erzählt, dass „Saucerful Of secret“ auf dieselbe Art und Weise entstand.

Die Musik, die Pink Floyd für den Film „More2 geschrieben hat und mit der sie selbst gar nicht so zufrieden waren, brachte ihnen doch eine Reihe von Angeboten ein. Der Regisseur von „More“ bat sie, die Musik für einen Film zu schreiben, der in Neu-Guinea gedreht wurde. Auch der grosse ANTONIONI interessierte sich für Pink Floyd. Er beauftragte sie damit, für die musikalische Untermalung seines Filmes „Zabriskle Point“ zu sorgen. Doch mehr als die Hälfte des Materials, das Pink Floyd ihm gab, wurde nicht verwendet. Eine Tatsache, die die Gruppe natürlich nicht begeisterte. Zuletzt wurde sogar behauptet, Roger Waters solle für den Choreografen ROLAND PETITT eine Ballettmusik schreiben, für ein Stück, in dem der berühmte Tänzer RUDOLF NUREYEV die Hauptrolle tanzt. Inwieweit dieses Gerücht auf Wahrheit beruht, ist bis jetzt nicht bekannt.

FERIEN IM AUSLAND

Alle vier Mitglieder von Pink Floyd lieben Auslandsreisen. Nicht wegen der Sonne, die im Süden bekanntlich für immer schönes Wetter sorgt, sondern um der Londoner Popscene für ein paar Wochen den Rücken zu kehren.

RICK WRIGHT: Es ist sinnlos, im Urlaub zuhause zu bleiben. Da kommen Journalisten, die ein Interview wollen, oder andere Musiker, mit denen man natürlich über Musik redet und die Floyd-Kollegen sieht man auch täglich. Wenn die Ferien vorbei sind, ist man genauso kaputt wie vorher, denn man hat keine Gelegenheit gehabt, die Tatsache zu vergessen, dass man ein Mitglied von Pink Floyd ist. Wenn ich von einem Auftritt oder von Studioarbeiten nach Hause komme, hör ich die Musik in meinem Kopf herumsausen. Nachts werd ich wach und denke: „das Stück hätten wir auf die und die Weise besser bringen können …“

Leute, die in dem Fach arbeiten, wissen, was es heisst, in einer bekannten Gruppe zu spielen. Manchmal hat es mehr Nach- als Vorteile. Ich bin vierundzwanzig Stunden am Tag Organist von Pink Floyd.

Im Moment arbeiten die Floyd-Leute an ihrer nächsten LP, die vermutlich ‚Eclipse‘ betitelt wird. Auf dieser LP, es ist übrigens ihre achte, werden die Texte eine bedeutende Rolle spielen. In den Ländern in denen man Englisch spricht, wird es diesbezüglich keine Probleme geben. Aber die Gruppe hat lange überlegt, wie sie auch in anderen Ländern den Leuten ihre Texte begreiflich machen kann. Nun scheint man die ideale Lösung gefunden zu haben. Bei den Auftritten will man einen Film zeigen, der mit den gesungenen Worten von Pink Floyd synchron läuft. Ein derartiges Experiment ist allerdings ziemlich teuer, so dass mit dem ersten Konzert dieser Art nicht vor Januar 73 zu rechnen ist.