„I’m a country boy!“


Nach fast zehn Jahren im New Yorker Hipster-Dschungel kehrt Ben Kweller zu seinen musikalischen Wurzeln zurück: dem Country.

„Ich war ein Country Boy: Ich angelte, kaute Tabak und schon mit BB-Guns rum, wie ein kleiner Redneck.“ Das nimmt man Ben Kweller in seinem halsbrecherischen Outfit (Cordhosen mit Schlag, dazu ärmellose, mit diversen Aufnähern versehene Jeansjacke) sofort ab. Aber wenn man die Mischung aus Indie, Folk und Piano-Pop, mit der sich der sympathische Rotschopf in den letzten Jahren Fans auf der ganzen Welt erspielt hat, mit den verhalteneren, ländlichen Klängen auf seinem neuen Album CHANGING HORSES vergleicht, stutzt man ein bisschen. Dabei spielten Johnny Cash & Co. von Anfang an eine Rolle in Kwellers Leben, der in wuchs: „Als ich ein Kind war, kriegten wir nur Country-Radiosender rein. Außerdem ging ich oft zur Rollschuhbahn, und da wurden so Sachen wie Garth Brooks gespielt. Weil ich noch jung war, saugte ich alles auf: Ich wusste nicht, was cool und was uncool war. Für mich war Musik allgemein cool.“

Kwellers Umzug von seiner Wahlheimat New York zurück nach Texas – er lebt jetzt in Austin -, fiel zwar mit der Veröffentlichung von CHANGING HORS-ES zusammen, hatte aber wenig Einfluss auf das Songwriting.

„Das Album hat den Umzug nach Texas begünstigt, nicht andersherum“, sagt Kweller. „Wir arbeiteten an der Platte in New York, merkten, dass wir Austin vermissen, und dachten: Lass uns zurückziehen!“ Die Songs sind nicht, wie man vermuten könnte, in einer Phase exzessiven Hank-Williams-Hörens, sondern über viele Jahre hinweg entstanden: „The Bailad Of Wendy Baker“ schrieb ich, als ich 16 war. Es geht um eine Schulkameradin von mir, die bei einem Autounfall starb. Ein paar Tage nach ihrem Tod war ich chinesisch essen, und ich öffnete meinen Glückskeks, auf dem stand: ,No one loves ‚til it’s gone.‘ Zu Hause schrieb ich das Lied und brachte diese Zeile darin unter.“ Im heimischen Texas fühlt sich Kweller wohler als im Big Apple: „Die ganze trendige Williamsburg-Szene war mit ein Grund für meinen Umzug. Ich wusste ja eh nie genau, was cool war, aber ich bekam langsam den Verdacht, dass es in New York zu cool wurde!“

Albumkritik ME 2/09

www.benkweller.com