Lenny


Buch: Julian Barry Regie: Bob Fosse In den Hauptrollen: Dustin Hoffman, Valerie Perrine, Jan Miner

Nicht bloß ein Zufall, daß noch ein Film aus dem Showgeschäft hier zu finden ist. LENNY, vieldiskutiert schon vor Anlaufen, erhebt wohl mehr Ansprüche, doch auch er vermag zu unterhalten. Lenny Bruce war ein Entertainer, ein legendärer Satiriker, der in Nachtlokalen attakierte, was ihm ein Dorn im Auge war: Den Koreakrieg, Rassendiskriminierung, sexuelle Tabus.

Lenny tats (und tut es auch im Film) mit deftigen, heißenden Worten, scheute nicht davor zurück. „Obszönitäten“ zu schildern, zu preisen und dazu ein rüdes Vokabular zu verwenden, das bald Mode in nicht nur Intellektuellen-Kreisen wurde.

Privat flippte der Entertainer nach und nach aus. Rauschgift, Alkohol. Orgien – zu sehen auch als sein privater Kampf mit seiner Welt, mit der er nicht fertig wurde – führten zum Verfall des ehedem so populären Entertainers.

Lenny. der sich aus drittklassigen Striptease-Läden in die besten Cabarets emporgeschimpft hatte, holte sich einen Prozeß nach dem anderen an den Hals.

Der erste, in dem er wegen „öffentlicher Verbreitung von Obszönitäten“ angeklagt (und freigesprochen) wurde, trug noch erheblich zu seiner Popularität bei. Was ihm gerichtlich verboten wurde, umging er. indem er aus den nicht minder entlarvenden Gerichtsproto-Millen vortrug. Doch die Hexenjagd, auf Lenny Bruce eröffnet, zeigte dennoch Erfolg: Je häufiger die Verhaftungen wurden, je aggressiver seine nachfolgenden Auftritte, desto mehr verringerten sich seine Auftrittsmöglichkeiten. Nachtcluhbesitzer fürchteten um ihre Lizenzen, und der Showman verfiel in eine depressive Phase, verstrickte sich in wachsende Ausschweifungen, verpatzte seine wenigen Auftritte und nahm sich letztendlich das Leben. Keine heilere Geschichte.

Fosse, spätestens seit ‚Cabaret‘ ernstgenommener Filmemacher, hat versucht, ein Portrait voller Faszination nachzuzeichnen. Dabei ist das Dokumentarische immer weiter in den Hintergrund gerückt. Manchmal erschöpft es sich in der bloßen Tatsache, daß der Film schwarz/weiß ist, noch immer sicherstes Stilmittel für die Vermittlung dokumentarischen Charakters. Mit sicherer Hand für Effekte hat Fosse Interviews mit Lennies Frau Honev (Valerie Perrine), seiner Mutter, seinem Agenten eingestreut, doch heraus kommt heim Ganzen eben ’nur‘ ein (allerdings mitreißendes) Bild eines Menschen, der vordergründig sich selbst kaputt macht, ganz sicher aber durch die Dinge, gegen die er anrennt, kaputt gemacht wird.