Zum 50. Todestag: 12 Fakten über Martin Luther King und Musik


Zum Todestag des Aktivisten und Bürgerrechtlers widmen wir uns dessen Verbindung zur Musik.

Vor 50 Jahren, am 4. April 1968, starb Martin Luther King durch ein Attentat in einem Motel in Memphis. In der Popkultur ist Amerikas großer Bürgerrechtler als Referenzpunkt, Schutzgeist und Samplequelle aber nie zur Ruhe gekommen.

1.

Nina Simone

Unmittelbarer Reflex: Nina Simones berühmte Totenklage „Why? (The King Of Love Is Dead)“ entsteht nur drei Tage nach Kings Tod: Bassist Gene Taylor schreibt den Song; noch am selben Abend spielt Simone es als 13-minütige Live-Version auf jenem Konzert, aus dem das Album ’NUFF SAID! wurde. Die sonst für ihre Wutausbrüche bekannte Sängerin gibt hier die ruhige Seelsorgerin und spricht dem Publikum gut zu: „Wir haben viele verloren in den letzten zwei Jahren, aber Monk und Miles sind noch da!“

2.

Stevie Wonders funky Synthie-Geburtstagständchen „Happy Birthday“ ist 1981 Teil einer landesweiten Kampagne in Amerika, die Kings Geburtstag als staatlichen Feiertag durchsetzen will. Den ersten Martin Luther King Jr. Day gibt es dann 1986 – auf den Weg gebracht von einem um liberale Wählergunst buhlenden Ronald Reagan. Begangen wird er seither an jedem dritten Montag im Januar.

3.

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Um diesen Feiertag geht es auch in „By The Time I Get To Arizona“ von Public Enemy. Chuck-D rappt, predigt, agitiert in dem Stück gegen Politiker des US-Bundestaates, die sich weigern, die jährliche Würdigung anzuerkennen. Für einen Eklat sorgt das dazugehörige Video: Originalaufnahmen von Straßenprotesten werden mit fiktiven Bildern von bewaffneten Guerillakämpfern gegengeschnitten, die einen Gouverneur mit einer Autobombe in die Luft jagen. In Amerika wird der Clip verboten, in Arizona sogar der komplette Song.

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4.

Apropos HipHop: Für das Genre ist der Bürgerrechtler in der Entstehungszeit wichtiges Protestsymbol und politischer Fluchtpunkt. Der „Master of Records“ Afrika Bambaata ist in den späten 70ern und frühen 80ern der Erste, der Passagen aus Reden von Martin Luther King (und Malcolm X) in wilden Soundcollagen mit HipHop-Breakbeats mixt.

5.

Auch im zeitgenössischen HipHop wird King immer noch gern zitiert. Kendrick Lamar etwa rappt im Opener seines GOOD KID, M.A.A.D CITY:„Martin had a dream. Kendrick have a dream“. Erst im Januar droppte Young Thug eine Hommage namens „MLK“. Ein besonders großer Bewunderer ist aber Killer Mike, eine Hälfte des Duos Run The Jewels. Der rappt nicht nur über Martin Luther King, sondern schreibt auch Meinungsartikel zum Thema für Questloves Web-Magazin „Okayplayer“ und debattiert 2016 auf einer Wahlkampf-Diskussion mit Bernie Sanders über Kings Bedeutung.

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6.

Erst 2011 tauchte ein Essay wieder auf, den Martin Luther King höchstpersönlich als Vorwort für das Programm des Berlin Jazz Festival 1964 geschrieben hatte (Zitate daraus hatte man bis dahin fälschlicherweise für Teile einer Rede gehalten). King resümiert über Jazz und seine Relevanz für die afroamerikanische Kultur: „Jazz ist triumphale Musik. Jeder Mensch hat den Blues. Jeder sehnt sich nach Sinn. Jeder will lieben und geliebt werden. Für all das findet man ein Sprungbrett im Jazz.“

7.

Allein die berühmte „I Have A Dream“-Rede vom Sommer 1963 während des „March In Washington“ wurde laut Whosampledwho.com in 95 Songs gesampelt: von Bobby Womack („American Dream“) und Grandmaster Flash And The Furious Five („The King“) in den 80ern über Michael Jackson („HIStory“) in den 90ern bis hin zu DJ Bobo („Give Peace A Chance“) und Guns N’Roses („Madagascar“) in den Nullern.

https://www.youtube.com/watch?v=K3wZFYfqMAE

8.

Das wohl sinnloseste Sample geht ausgerechnet auf die Kappe von Paul McCartney: Der verwendet die „Dream“-Rede 1990 in Live- Aufführungen des Beatles-Songs „Fool On The Hill“, in dem es um einen grinsenden Narren geht, der sich jeden Tag auf einem Hügel die Sonnenuntergänge anschaut: „Nobody wants to know him. They can see that he’s just a fool.“ Warum bei McCartney der Dreamer zum Fool wird, bleibt unklar.

9.

Peinlich ist auch ein Fehler in einem Songtext von U2. Bono las 1984 eine Biografie über King und bezieht sich in gleich zwei Stücken des Albums THE UNFORGETTABLE FIRE auf dessen Legende. Blöd nur, dass er damals noch nicht schnell auf Wikipedia nachschauen konnte. In „Pride (In The Name Of Love)” singt er: „Early morning, April 4th shots ring out in the Memphis sky“. King starb aber um sechs Uhr abends. Die Nummer wurde trotzdem ein Hit.

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10.

Bereits zu seinen Lebzeiten war Martin Luther Kings Aktivismus eng mit Musik verbunden: „Die Seele der Bewegung“, sagte er einmal, sei der Gesang von Gospel und alten Negro Spirituals: Mit Mahalia Jackson entwickelt er ein Ritual, in dem sich Gospelgesang und Befreiungsrhetorik gegenseitig hochschaukeln und schließlich zusammenfließen: „Free at last, free at last. Thank God Almighty, we are free at last!“ Neue Hymnen für die Bürgerrechtsbewegung schrieben zudem The Staple Singers, die Gospel-Familiengruppe um Mavis Staple.

11.

In den Schlagzeilen war 2017 das bekannteste unter diesen mit King assoziierten Protestliedern: Ein US-Gericht gab einer Klage statt und befreite „We Shall Overcome“ vom Urheberschutz. Saftige Lizenzgebühren strichen bis dahin zwei New Yorker Firmen ein, die sich 1960 das Urheberrecht unter Bezug auf Pete Seegers Folk-Version gesichert hatten. Dessen kreative Leistung begrenzte sich aber lediglich darauf, einige Wörter eines alten afroamerikanischen Spirituals zu ändern.

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12.

Auf YouTube findet man übrigens ein süßes, krisseliges VHS-Video, in dem ein zwölfjähriger Kanye West in frühpubertärer Inbrunst ein in
kitschigen Paarreimen selbstverfasstes Gedicht rezitiert: „Everyone lifts their voice and sing. For a man who wanted freedom to ring. Martin Luther King is who I’m speaking of. A man whose name means love.“

https://www.youtube.com/watch?v=tjRBkNZ0EJ8

Roger Viollet Roger Viollet/Getty Images