Pete Townshend Interview


ME: Pete, beim Konzert in Frankfurt gab’s Krawalle, 15 Fans wurden verletzt. Das erinnert an Euer Konzert in Cincinnatti, wo am 3. Dezember 1979 elf Fans starben. Siehst du einen Zusammenhang?

Pete Townshend: Es ist zu früh, etwas Bestimmtes zu sagen. Ich weiß nur, daß die Polizei zwei Dealer verhaften wollte. Damit begann die Massenschlägerei. In Cincinatti war die Polizei auch nicht ganz unschuldig – bei etwas besonnenerem Verhalten und mit mehr Überlegung hätte vielleicht beides vermieden werden können.

ME: Früher wurde über Krawalle eigentlich nur im Zusammenhang mit den Rolling Stones berichtet. Habt Ihr jetzt deren Fans übernommen?

Pete Townshend: Das mußt Du die Fans fragen. Wir machen vielleicht ähnliche Musik wie die Stones, sicher werden gleichartige Emotionen ausgelöst – wir sind eben kein Sinfonie-Orchester. Aber es ist immer dasselbe – läuft ein Konzert ruhig und ohne Zwischenfälle ab, schreibt niemand darüber. Passiert etwas, gibt es gleich dicke Schlagzeilen. In München und Wien war nichts los, da stempelten uns die Kritiker schon als alte Herren ab. Wir können nichts dafür, wenn erst Blut fließen muß, um auf die Titelseite der Zeitungen zu kommen! Bestimmt wollen wir diese Art Geschichten aber nicht.

ME: Du hast jetzt eine Solo-LP aufgenommen. Willst Du Dich damit bei den Who ausklinken, Deine eigenen Wege gehen?

Pete Townshend: Nein, Roger Daltrey hat doch auch schon Solo-LPs aufgenommen und ist noch bei den Who.

ME: Aber wie schaffst Du es? Du schreibst sämtliche Songs fir die Band und jetzt auch für Dich. Behältst Du die besten und gibst der Gruppe die Titel, die Dir nicht gefallen?

Pete Townshend: Das ist überhaupt kein Problem. Die Who nehmen alle 25 Jahre ein neues Album auf und ich schreibe in jeder Woche fünf neue Songs. Soll ich mein ganzes Material in der Schublade verschimmeln lassen? Sobald die Gruppe wieder ins Studio will, um eine neue Platte aufzunehmen, habe ich auch die Lieder fertig.

ME: Im letzten Jahr hast Du Dich als Produzent versucht, Deine Solo-LP produziertest Du aber nicht selbst. Warum nicht?

Pete Townshend: Ich habe festgestellt, daß der Produzentenjob nichts für mich ist. Das ist mir zu langweilig, den ganzen Tag hinter dem Mischpult zu sitzen, an Knöpfen zu drehen und aufzupassen, daß richtig gespielt wird. Ich brauche selbst eine Gitarre in der Hand, muß spielen können. Die Arbeit im Studio macht mir auch nicht besonders viel Spaß. Ich brauche die Live-Atmosphäre auf der Bühne, darum treten wir auch immer wieder auf.

ME: Wenn Du soviel komponierst, warum gibst Du keine Songs weg und versuchst, jungen Gruppen damit zu helfen?

Pete Townshend: Das habe ich längst getan, aber die meisten Bands konnten damit nichts anfangen. Es ist eigenartig, aber sie waren ihnen zu schwierig, konnten von ihnen nicht gespielt werden. Ich weiß nicht, woran das liegt. Manche Sachen gefielen natürlich auch nicht. Jetzt habe ich es aufgegeben und mache meinen Kram eben allein.

ME: Siehst Du einen Unterschied zwischen Deiner Solo-LP und den Who-Planen?

Pete Townshend: Ich halte sie für ausgewogener als die Who-Platten. Ich glaube, die Mischung zwischen Heavy-Sachen und melodischeren Stücken stimmt besser.

ME: Du hast mit zwei Musikern zusammengearbeitet, die auch bei Who mitmachen – Drummer Kenny Jones und Organist Rabbitt.

Pete Townshend: Kenny spielt nur bei einigen Titeln mit und Rabbitt spielt bei den Who keine entscheidende Rolle. Ich habe für mein Projekt aber auch andere Musiker engagiert, z.B. ist der Bassist noch sehr jung. Ich habe ihn mir bei meinem jüngeren Bruder Simon ausgeliehen. Er ist sehr gut und wird noch weit kommen. Die Gruppe heißt „On The Air“.

ME: Und die Zukunft der Who? Pete Townshend: Du siehst, wir wollen noch spielen, die Fans wollen uns noch hören. Also sind die Who lebendig!