Plädoyer

Coldplay sind nicht schlechter geworden – sie sind das „Ja“, das wir brauchen


Diese Band soll früher gut gewesen sein, wurde irgendwann aber peinlich. Sagen manche - und es ist Unsinn. Die Geschichte von Coldplay ist eine von Missverständnissen, falschen Erwartungen und fieser Berichterstattung der Lügenmusikpresse. Ein Plädoyer für vier Männer, die unser aller Herzen retten werden. Wenn wir sie lassen.

„Brothers and sisters unite. It’s the time of your lives“ – so lauten die ersten Zeilen der ersten musikalischen Veröffentlichung von Coldplay. Drei Jahre vor „Brothers & Sisters“ lernen sich Chris Martin, Jonny Buckland, Will Champion und Guy Berryman beim Studieren in London kennen und gründen eine Band. Was sie noch nicht wissen: Bald werden sie Nickelback und Bono als Mobbingopfer Nummer eins in der Musikszene abgelöst haben. Wie konnte es so weit kommen?

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Ich kann eine Gurke dem Obst zuordnen, entsprechend behandeln und mich an allem Nichtobstigen stören. Oder eben kapieren, dass eine Gurke ein verdammtes Gemüse ist und mich darüber freuen, dass es sich um keine Banane handelt. Auf Coldplay übertragen bedeutet das: Viele hielten die Band anfangs für etwas, das sie nie sein wollte: cool. Das sagte sogar einmal Chris Martin. Würde man für jedes „Ich mochte nur die ersten beiden Alben, danach wurden sie mir zu Mainstream“, das einem Kinder der 90er oder durchschnittliche Hipster ins Gesicht sülzen, einen Euro an Oxfam spenden – Martin könnte sein Engagement bei der Charity-Organisation aufgeben. Die Wahrheit ist, dass Coldplay schon immer kommerziell erfolgreich waren. Ihren Stil haben sie gar nicht so sehr verändert. Ihr da draußen wollt euch nur nicht eingestehen, dass ihr euer Herz, dass ihr den Zugang, den ihr früher zu Schönheit hattet, verloren habt. Darum tut ihr so, als wären Coldplay schlechter geworden. Tatsächlich liegt es an euch.

Coldplay beginnen in einer Zeit und in einem Land Musik zu machen, in der und in dem es wichtig ist, lässig zu sein. Blur und Oasis bestimmen das Game Mitte der 90er in England – und Coldplay gewinnen es Ende des Jahrzehnts. Sie machen sogar die US-Charts klar, eine Mission, an der sich die zuvor Genannten die Zähne ausgebissen hatten. Die ganze Männlichkeitsnummer, das Verrotzte, die Bier-Arroganz, jedweder Skandal geht ihnen total ab. Coldplay schaffen das bisher Unmögliche im britischen Pop: Ihre Musik steht im Vordergrund.

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Wer die letzten zwei Jahrzehnte mit Coldplay verbracht hat, wird vertraut sein mit Gedanken, die um Liebe, Sehnsucht, Melancholie und Hoffnung kreisen, wird für jedes Gefühl eine Hymne oder einen Downer parat haben, wird Chris Martins Stimme für immer als verwandt, umarmend, tröstlich und die Alben als Zuhause empfinden.

Choose life. Choose cheesiness. Choose Coldplay.

Das Credibility-Problem von Coldplay hat vor allem mit Hits zu tun. Wie ätzend ist „A Sky Full Of Stars“? Wie tot „Viva La Vida“? Aber auch „The Scientist“ vom unerreichten Album A RUSH OF BLOOD TO THE HEAD würde man der Band heute so nicht mehr durchgehen lassen. Während über die Platten eins (PARACHUTES) und zwei alles gesagt wurde, wird das geniale dritte Album X&Y oft vergessen. Lieber wird alles ab dem mit Brian Eno aufgenommenen Konzeptwerk VIVA LA VIDA OR DEATH AND ALL HIS FRIENDS abgelehnt. Klar, „Every Teardrop Is A Waterfall“ hielt mehr Leute fern als die strengste FSK-Kennzeichnung. Das Coldplay-Flair wurde aber entgegen fieser Medienberichte nicht verraten. Selbst schuld, wer so doof war, sich deswegen GHOST STORIES entgehen zu lassen, ein richtig normales Coldplay-Album, oder das hymnische A HEAD FULL OF DREAMS.

https://www.youtube.com/watch?v=hx7FN1LHphk

Ja. Vielleicht sind Coldplay zu immerzu Holi-feiernden Turnschuhhippies verkommen, die keine Angst davor haben, sich zum Wohle aller zu infantilisieren. Dann sind Coldplay halt eine Stadion-Band. Wenn man bedenkt, was für Unsinn sonst in Stadien abgeht, kännen wir alle nur gewinnen. „I want something just like this. Oh I want something just like this“, märchenonkelt Martin auf der gleichnamigen Single mit den Chainsmokers. Bei aller aktuell zelebrierten Dystopie, aller Verzweiflung in der Welt sind Coldplay das Ja, das wir brauchen. Choose life. Choose cheesiness. Choose Coldplay.

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