Pop Art


Die Pop-Kolumne von Dirk Peitz

Vergessen, einfach vergessen

iTunes-Singlecharts,

21. August 2011, Platz 2:

Maroon 5 feat. Christina Aguilera, „Moves Like Jagger“

Problem: Wenn man sich darüber ärgert, dass man sich nicht ärgert. Wenn man denkt: Dafür fahr ich meinen Blutdruck jetzt nicht hoch, den Hass spar ich mir lieber auf für was Besseres, was Wichtigeres, was Böseres. Dann fällt einem aber nichts ein. Vergessen, einfach vergessen. Auch doof.

Maroon 5: noch nie eine Band gewesen, die zu Hoffnungen Anlass gegeben hätte. Was eigentlich ein guter Anfang ist, denn Bands, die es schaffen, einen wirklich zu enttäuschen, sind ja die Pest. Beziehungsweise das Fan-Geheule darüber, wie die einen nur so enttäuschen kann, die Band. Totale Zeitverschwendung, weil doch die einzig logische Antwort lautet: Dann such dir halt eine andere Band, gibt doch genug davon.

Christina Aguilera: ganz kurz mal eine Sängerin gewesen, für die man sich glaubte, begeistern zu können, womöglich zu müssen. Aber aus dem völlig falschen Grund, wie sich erwiesen hat, nämlich dem, in ihr in erster Linie eine Anti-Britney sehen zu wollen. Dabei war Britney Spears von Anfang an viel symptomatischer für ihre Zeit und in jedem Sinne interessanter. Und nun sind die Jahre ins Land gegangen, und Christina Aguilera hat immer noch nichts zu erzählen, nur was zu vibratobrüllen.

Mick Jagger: wie lange schon egal? Bei Jaggers musikalischer Egalwerdung war man selbst gerade mal geboren, und so jung ist man jetzt auch nicht mehr. Der Rest, das universelle Jagger-Sein, die Selbstparodie-Existenz, das Geile-Bocktum: auch schon unfassbar lang auserzählt.

Adam Levine von Maroon 5 also singt, er habe Bewegungen drauf wie Mick Jagger, was man nur als Drohung verstehen kann; und Christina Aguilera singt, dass sie ihm die Kontrolle überlasse, aber nur für diese eine Nacht, sie singt also ihren üblichen Ranlass-Text; und die Musik dazu klingt, als hätte Maroon 5 sie in David Guettas Spätkauf am Kaffeeautomaten gezogen, Umpfta-Plörre mit Autotune-Süßstoff; und das Video dazu von Jonas Åkerlund, der auch schon mal – Achtung, passend schäbiges Wort – schriller war, hat bei exakt zwei Minuten und 51 Sekunden einen Busenblitzer. Und dass man sich hinterher daran erinnert – das könnte einen dann doch fast aufregen.

Weil es bedeutet, dass man sich überhaupt an etwas erinnert, was mit diesem Lied zu tun hat. Wo man doch sonst alles vergisst.