Funk/Soul

Jahrelang haben wir sie schmerzlich vermißt, die Staple Singers, aber jetzt brechen sie ihr Schweigen mit TURNING POINT (Private I FZ 39460), einem Album, dem man jede Sekunde lang anmerkt, wie gut beieinander die integre Gospel-Familie nach wie vor ist.

Das Hauptaugenmerk gilt natürlich zunächst einmal der momentanen Single, „Slippery People“, einem alten Talking Heads-Stück, neben dem – ich kann es einfach nicht anders sagen – die Original-Version schlicht in Grund und Boden versinkt. Der Baß vollführt regelrechte Trampolinsprünge, dazu frenetische Bongos, Chicken Scratch-Gtarre und Gospel-Choräle, die Sturmböen gleich darüber hinwegfegen – es ist ein stolzes, bewegendes Statement, zu dem keines der verbleibenden sieben Stücke aufzuschließen vermag.

Zweite Wahl sind dann das gemächlich wogende „Bridges Instead Of Walls“, ein Gemeinschaftsprodukt von Homer Banks und Carl Hampton (die in den letzten Jahren vor allem mit ihren Songs für Randy Brown aufgefallen sind), das schleppende, von Pop Blues-Gitarre gefärbte „H-A-T-E (Don’t Live Here Anymore)“ und „On My Own Again“, das Mavis schwer atmend angeht und ganz allmählich zu steigern versteht. 0 ja, das Feuer ist noch lange nicht erloschen! (5)

Kommen wir zu Ashford & Simpsons Neuester, SOLID (Capitol ST-12366). Und was für ein Auftakt: „… we build it up, and build it up, and build it up, and nowit’s… solid, solid as a rock, and nothing changed it, the thrill is still hot, hol, not…“ Besser könnte man’s gar nicht formulieren, denn das Titelstück ist ganz klar die packendste Single, die Nick und Val seit „Street Corner“ zuwege brachten.

Ansonsten schlägt mir das zweckmäßige Computer-Environment, das die beiden für SOLID gewählt haben, etwas auf den Magen. Es gibt hier zwei Tracks, „The Jungle“ und „Closest To Love“, die von dem unsubtilen, von Anfang bis Ende durchratternden Electro-Backing besonders betroffen sind; beide übrigens für den demnächst anlaufenden Film „Body Rock“ geschrieben. Daneben wirkt sich noch der unentschuldbare Mangel an Balladen (drei sind einfach zuwenig für ein Ashford & Simpson-Album!) negativ aus.

Trotzdem – wer die zauberhaften Vokalsätze der zwei liebt, kommt an Songs wie „Babies“ (die Story einer unfreiwilligen Schwangerschaft), „Solid“ und „Honey I Love You“ nun mal nicht vorbei! (3)

Roger Troutmans Produktivität ist nicht einzudämmen. Nach seinem eigenen Solo-Album, The Human Body und Bobby Glover kommt er uns jetzt mit LP Nr. 2 der New Horizons, GONNA HAVE BIG FUN. Es ist, wie auch gar nicht anders vorauszusehen, die von Zapp her gewohnte Mischung aus locker trabenden Handclappers und luftigen, leichtgewichtigen Balladen mit einem milden Doo Wop-Beigeschmack.

Manierliche Sänger sind die drei Thomas-Brüder Art, Bart und Varges sicherlich, wenngleich ich unter ihnen keine wirklich autoritäre Lead-Stimme ausmachen kann, wie sie, sagen wir mal, Bobby Glover sein eigen nennt.

So gibt es dann auf GONNA HAVE BIG FUN nichts, was nach besonderer Beachtung schreit, allerdings auch nichts wirklich Untaugliches – der erwartet solide, wenn auch nicht sonderlich originelle Troutman-Job also. (3)

Kümmern wir uns nun um die besseren Electro-12″-Singles des Monats. Man Parrish: „Boogie Down (Bronx)“ (Sugarscoop). Yeah, thats FRESH! Kein Vergleich mehr zu „Hip Hop Be Bop“ und dem unnützen Album, das hinterhergeschoben wurde. Clevere Keyboard-Abläufe, ein unwiderstehliches Vocoder-Hook, simulierte orientalische Melodie-Sequenzen und ein selten agiler Rap: „… b-b-b-boogie down Bronx, boogie down, boogie, boogie… oops!“ (5)

Fresh 3 M.C.’s: „Have Your Heart“ (Profile). Seit ihrem „Fresh“-Debüt erste Wahl unter Profiles-Rappern und diesmal mit einem Midtempo-breaker zur Stelle, bei dem neben der ruhelosen Beat Box, rumorenden Electro-Handclaps und dem ständig wiederkehrenden „Gonna Have Your Heart, Girl“Chant nicht allzu viel passiert. (3)

The Playgirls: „Our Picture Of A Man“ (Sutra). Von Brooklyns Spyder D produzierte Mädchen-Gang, deren Lead-Rapperin so quietschfidel drauflos parliert wie Angie B von The Sequence „come on, flyguy, this is not my game… what’s going on with these fellows today?“ (Antworten, wie immer, auf einer Postkarte!) Witzig, spritzig, allerdings gehört das Backing nicht zur originellsten Sorte. (3)

„Love Bug“ Starski: „Do The Right Thing“ (Fever). Nicht zu verwechseln mit Busy Bee Starski dieser hier kann, genau wie bei seiner „You Gotta Believe“-12″, eine bissige Kurtis Blow-Produktion für sich beanspruchen. „I didn’t get caught up in a Ghettotrack, and that’s why Starski’s here to rap!“

Checkt ihn aus oder verrostet! (4) (Alle Import-Maxis und LP’s u.a. über TSR; Wiesenstr. 31; 6054 Rodgau 2; 06106/2051-55)