James Dean Bradfield :: The Great Western

Lieber James, ich bin in Eile. Die Post hat dein Album soeben abgeliefert, und morgen muß der Text abgeliefert sein. „That’s No Way To Tell A Lie“ (schöner Opener übrigens, lebendiger als das ganze letzte Manics-Album, mir bleibt nicht mal Zeit, die Gebrauchspoesie auf dem Promozettel zu würdigen. Die Texte, erfahre ich, hast du meistenteils irn Zug zwischen London und Cardiff geschrieben – ein guter rhythmischer Boden, verglichen mit der alten Methode (Nick/Richey: „Hier ist der Text. Es geht um Entfremdung, Magersucht und Handgranaten.“ James. .Aber dos sind ja lauter krumme Metren!“ R/J: „Kriegst du schon hin!“, aber halt auch konventioneller. Ziemlich konventionell klingt die ganze Platte, aber der böse Bub, der gerade bei „Bad Boys And Painkillers“ – mit Text von Nicki fragt, ob da Bryan Adams läuft, täte auch die Fußballmannschaften von Argentinien und Ampfing verwechseln, bloß weil beide Schuhe anhaben und in einem Stadion spielen. Stadion: Da passen die meisten deiner Songs notfalls rein, aber nur hochkant, weil dir bei allem Hang zum Mitteltempo Idafürl zuviel einfällt an Breaks, kunstvoll ziselierten Melodieschlingen und so kleinen hübschen Sachen, die das Hören im Wohnzimmer lohnen. Und vor allem draußen, im Sommer, wenn man durch den warmen Wind radelt und im Sonnenglitzern auf den blauen Wasserscherben Gucklöcher ins Erinnerungsreich findet. Hört man dann etwa „Still A Long Way To Go“, ist man augenblicklich „drüben“, für Alltag und Trendterror verloren und mit fast allem versöhnt. „Which Way To Kyffin“ hast du dem 88jährigen walisischen Landschaftsmaler Kyffin Williams (der, liebe Plattenfirma, KEIN ENGLÄNDER ist!) gewidmet, dessen klassische, von stillernstem Witz und tiefer Liebe zum einfachen Leben erfüllte Bilder mir oft vorkommen, als hätte ich sie geträumt. Kaum etwas könnte besser zu dieser unspektakulär schönen Platte passen, und da wären mir. ehrlich gesagt, die „aktuellen Themen“, die du ansprichst, sogar dann ziemlich wurst. wenn ich die Zeit und die Ruhe, die mir dein Album für den Augenblick schenkt, wirklich hätte. VÖ:217.

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