Steve Harley hat seine Musiker mal wieder entlassen, und deshalb gibt es jetzt anstelle einer Studio-Produktion dieses Live-Doppelalbum. Wer hier genau zuhört, versteht warum Steve umorganisieren will. Der noch immer als Großmaul verschriene Egozentriker könnte tatsächlich Musiker mit ein wenig mehr Phantasie gebrauchen. Vielleicht wird er dann wieder ernster genommen; vorausgesetzt natürlich, er weiß selbst, was er eigentlich will. Schließlich besitzt er das Talent zu einem eindrucksvollen Performer und versteht es, sich live stark in Szene zu setzten. Alle Titel der neuen LP wurden bei England-Konzerten im Dezember ’76 und im Januar ’77 mitgeschnitten – inklusive der Publikumschöre, die ihren Harley offenbar Zeile für Zeile auswendig können. Das auf Cockney Rebel-Sound umfrisierte „Here Comes The Sun“ sowie „Love’s A Prima Donna“, beides Titel der letzten Studio-LP, leiten die Steve Harley-Show ein. An den Instrumenten: Duncan Mackay (keyb), Jim Cregan’s Ersatzmann Joe Partridge (git), Stuart Elliot (dr), George Ford (b), Lindsay Elliott (perc). Als kompletter Klangkörper schlägt sich die Band durchschnittlich gut über die Runden; wenn außergewöhnliche Akzente gefragt sind hapert’s jedoch. Über Belanglosigkeiten kommt keiner der Musiker heraus; Mackay’s Synthesizer klingt manchmal geradezu zickig. Umso mehr Gelegenheit natürlich für Steve Harley, im Lichtkegel zu bleiben. Er hat sein Repertoire souverän im Griff. Auch wenn er hin und wieder maßlos übertreibt – er ist schon eindrucksvoll, der alte Schauspieler. Nur seinen ersten Hit, „Sebastian“, konnte er in seiner narzißtischen Überspanntheit natürlich nicht mit demselben Anstand wie zum Beispiel „Psychomodo“, „The Best Years Of My Life“ oder „Make Me Smile“ über die Bühne bringen. Da ihm live der orchestrale Hintergrund fehlt, zerhackte er den Titel in einen mickrigen Endlos-Wurm mit konzeptlosen Improvisationen. Da hätte er doch lieber das zwar unbedarfte, aber lustige „Judy Teen“ mit aufzeichnen sollen. Aber das war ja nur für die Hitparade gedacht.