Stevie Nicks – Belladonna

Zwei Feststellungen vorneweg:

1.: Die Hälfte der Songs auf Stevie Nicks‘ Solo-Debüt ist sechs oder gar sieben Jahre alt. 2.: Die profilierte Hit-Autorin von Fleetwood Mac heißt Christine McVie.

Ich mag da nichts hineingeheimnissen, denn ich konnte bis heute beide noch nicht zu ihrem gegenseitigen Verhältnis befragen. Nur, sicher ist: als sie zusammen mit Lindsay Buckingham bei der anschließend erfolgreichsten California-Pop-Gruppe der siebziger Jahre einstieg, war die (Verzeihung) wirklich herzallerliebst ausschauende blonde Dame als Sängerin gefragt und nicht als Songschreiberin. Das ’79er Album TUSK hat daran wenig geändert, wenn auch das Stück „Sara“ von Stevie Nicks die größte Zugnummer dieser ausgelaugten Doppel-LP war. Da sich die bislang erstaunlich homogene Formation trotz gegenteiliger Beteuerungen auseinander zu leben scheint, gibt sich nun auch Stevie Nicks selbstbewußt und eigenständig. Das heißt: nicht ohne Hilfestellung. Denn auf diesem Album setzt sie die überraschende Liaison mit dem veritablen Rocker Tom Petty fort, dem sie schon für sein HARD PROMISES die melancholische Stimme lieh. Produzent dort wie hier: Jimmy Iovine, ehemals Studio-Ingenieur bei Bruce Springsteen.

Was ist nun mit BELLA DONNA, der „schönen Frau“? Die Abweichungen vom weichen und melodiösen Konzept der Fleetwood Mac sind minimal und haben mit der Musiker-Crew zu tan: Russ Kunkel (Drummer aus dem Umfeld von Jackson Browne) und Waddy Wachtel (Session-Gitarrist aus dem Stall von Peter Asher, der Linda Ronstadt betreut), Roy

Bittan (Pianist der E Street Band) beziehungsweise Tom Petty und die kompletten Heartbreakers klingen runder und perfekter als die robusten und bisweilen rustikalen Mac-Makker. Das Ergebnis ist dennoch das gleiche – die allzu spannungslosen Melodien mit einfachen Harmoniewechseln gehen zum einen Ohr hinein und schneller, als man sich versieht, zum anderen wieder hinaus. Kaum daß mal die leidenschaftslose Sentimentalität von Stevie Nicks mit ihrem einprägsamen leichten Tremolo an Ausdruckskraft gewinnt. Es reicht höchstens zu leisen Andeutungen an Patti Smith(„Kind Of Woman“) oder irgendeine namenlose Country-Töle („After The Glitter Fades“) oder an Linda Ronstadts energische Singlust („Edge Of Seventeen“).

Das mag mit der eher belanglosen Thematisierung innerhalb der Texte zu tun haben. Stevie Nicks besitzt keine auffällige lyrische Begabung. Sie scheint allerdings ein Gespür dafür zu haben, wieviel Intensität ein Autor in die Beschäftigung mit launischen Liebhabern und tollen Traumtänzerinnen investieren sollte: des Erfolges wegen so wenig wie möglich. Dafür lieber ein Mehr an Theatralik: Auf dem Cover drapierte sie sich mit einem seidenweißen Kleidchen, einem weißen Kakadu auf der Hand, drei weiße Rosen, einem Tambourin und der Glaskugel einer Wahrsagerin auf dem Boden. Das alles ist viel zu schön, um echt zu sein und echt zu wirken – die hübsche Stevie inklusive.