Sly & The Family Stone


Der Funk-Revolutionär: Mit seiner siebenköpfigen Hippie-Familie katapultierte Sly Stone den Soul ins harte Rockzeitalter. Nach Drogenproblemen und lauen Come back-Versuchen haucht ihm der aktuelle HipHop nun neues Leben ein.

„I Want To Take You Higher“ schreit Sly Stone 1969 den 500.000 von Woodstock entgegen und jeder weiß, er wird sein Versprechen einlösen. Wie ein eruptierender Vulkan speit Stone die Worte aus, während seine Band den orgiastischen Rhythmus-Teppich webt: Sylvester Stewart, so Stones bürgerlicher Name, führt den Funk zu neuen Ufern.

1944 geboren, nimmt der spätere Musikstudent bereits im zarten Alter von vier Jahren seinen ersten Gospel-Song auf, bricht dann jedoch mit der schwarzen Kirchenmusik. Er wird zum gefeierten DJ eines auf Pop spezialisierten Radiosenders und Songschreiber für weiße Bands wie die Beau Brummeis oder Great Society (mit Sängerin Grace Slick). Nebenbei betreibt Stone mit seinem Bruder Freddie diverse, mäßig erfolgreiche Combos, die 1967 in den musikalischen Schmelztiegel Sly & The Family Stone münden. Daß Miles Davis ihnen nur ein Jahr später das Prädikat „Band des Jahrzehms“ verleiht, hat viele Gründe: Zum einen begeistern Sly & The Family Stone mit einer bis dato ungehörten Mischung aus Blues-, Rock-, Funk- sowie Soul-Elementen. Songs wie „Dance To The Music“ oder „I Ain’t Got Nobody“ sprengen musikalische Konventionen und geben den Blick in eine aufregende Zukunft frei. Zum anderen ist die siebenköpfige Band auch optisch eine Sensation. Männer und Frauen, Weiße und Schwarze gleichberechtigt nebeneinander, wo hatte es das je gegeben? Gerüchte über eine „Sex- und Drogen-Kommune“machen die Runde, und Moralapostel laufen Sturm gegen die ihres Erachtens „unamerikanischen Auswüchse“.

Mit dem Album „Stand!“ gelingt Sly & Familie 1969 der Einzug in die US-Charts. Doch obwohl „Everyday People“ und „Sing A Simple Song“ TopHits werden, behält die Band ihre provokative Haltung bei. So besteht der Biirgerrechts-Kommentar „Don’t Call Me Nigger. Whitey“ lediglich aus diesem Satz und seiner Umkehrung in „Don’t Call Me Whitey, Nigger“. Zwei Jahre später liefert das psychedelische Funk-AJbum „There’s A Riot Going On“ den desillusionierten Abgesang auf den längst vergangenen Hippie-Sommer. Die Zeit der rauschhaften Ekstase ist vorbei, stattdessen dominieren Düsternis und unsagbare Erschöpfung dieses akustische Psychogramm.

Bis 1975 versucht Stone immer wieder, an alte Erfolge anzuknüpfen, doch lediglich seine Affäre mit der Schauspielerin Doris Day und verschiedene Drogen-

delikte bringen ihn kurzfristig in die Schlagzeilen zurück. Auch ein Comeback-Versuch im Zuge der Disco-Welle scheitert. Erst als immer mehr HipHop-Crews die Musik von Sly & The Family Stone samplen, ist sein Name wieder im Gespräch. Von Public Enemy bis zu den Jungle Brothers genießt er höchsten Respekt, und Stetsasonic lassen gar verlauten:

„Wir sind die Slv & The Family Stone der 90er!“ Tatsächlich hätte es viele Rap-Hits ohne die Breakbeats aus „Sing A Simple Song“ oder „Stand“ nie gegeben, doch anders als George Clinton und James Brown gelingt es Sly Stone nicht, im Zuge des HipHop-Booms wieder Fuß zu fassen. Auch eine Einladung in die Paisley Park Studios, mit der Prince seinem großen Vorbild Dank sagen will, bringt keine hörbaren Resultate. Der Teufelskreis von Drogen, Krankheiten und finanziellen Problemen lähmt die Kreativität des ehemaligen Trendsetters. „The party is over“, kommentierte der inzwischen 49jährige einst das Album „There’s A Riot Going On“. Damit hat er leider bis heute recht behalten.