The High Llamas – Snowbug


Nichts bringt Sean O’Hagan aus der Ruhe. Da gründet der Ire die High Llamas, und schon mit einem der ersten Songs kommt der Erfolg („Checking In, Checking Out“). Anstatt dann die bequeme Variante zu wählen und ähnlich klingende Musik aufs Fließband zu legen, feilte O’Hagan mit Akribie an einem feinfühligen Stil, der die Anmut von Burt Bacharach, Abenteuerlust der frühen Beach Boys, Eleganz von Steely Dan, Intuition von Miles Davis und hypnotische Qualität des Krautrock in sich vereinte. Mit den Folgealben HAWAII und COLD & BOUNCY empfahlen sich die High Llamas als entspannte Alternative zu seelenlosem Chartsfutter. Die Kritik jubelte, aber O’Hagan war nicht ganz zufrieden. Der Soundtüftler hätte die Musik gerne etwas luftiger und lebendiger. Et voilä – SNOWBUG. Das Interludium „Dalton’s Star“ ist vielleicht nicht der wichtigste Titel des Albums, steht mit seinem zupackendem Schlagzeug aber für die neue, robustere Gangart der High Llamas. Was nicht heißt, daß sich die Band in die Nähe von Krachmachern manövriert. Vom Grundsatz her sind es immer noch die High Llamas, wie man sie kennt – minus angestrengt intellektuelle Gewolltheit. In Nuancen wie dem unbekümmert zischenden Schlagzeugbecken in „Cookie Bay“, dem torkelnden Xylophon in „Triads“ oder der zwirbelnden Akustikgitarre in Janet Jangle“ offenbart sich die Freude an der Arbeit. Sogar das Un-Instrument Banjo wird von Gastmusiker John Bennet nahtlos integriert. Das mögen Details sein, aber sie tragen Früchte. Plötzlich reflektiert diese Musik nicht mehr die ungestörte Ruhe eines Pärchens beim Spaziergang im Park am Sonntagnachmittag. Jetzt klingt sie, als freue sich dieses Pärchen, weil es abends seit langem mal wieder richtig ausgehen darf- frisch, beschwingt, locker. Auf dieser Grundlage gelingen den High Llamas eine Reihe exzellenter Popsongs. „Bach Ze“ fällt mit der Zeile „From Moon to Mars the slightest slip, but now we rarely make the trip“ sofort auf, nimmt die Band damit doch sich selbst und die ihr unterstellte Neigung zu spacigen Fantasien auf die Schippe. „Go To Montecito“ und „Cut The Dummy Loose“ sind ähnlich eingängige Aufnahmen. Die Melodien sind das einzige Element, mit denen die High Llamas richtig auffallen. Sonst bringt sie nichts von der Direktive des legeren Leisegangs ab. O’Hagan singt immer noch zart und schüchtern. Keine Show, keine Allüren, keine übersteigerten Gesten sind zu registrieren. Die Band ist ein perfekt funktionierendes Gefüge, in der der Star die Mannschaft ist. Das mag in der Popwelt nicht gefragt sein. Aber was stören die High Llamas die Regeln anderer? In ihrem Mikrokosmos stellen sie ihre eigenen auf. SNOWBUG ist wahrlich eine reife Leistung. Ein Album, das von der ohrenstreichelnden Ästhetik dieser britischen Ausnahmeband überzeugt. Wer bislang zögerte, ihr zu lauschen, hat nun endgültig keine Ausrede mehr.