Time To Pretend


Mit drei Hits bestücken sie den Indie-Soundtrack 2008 fast allein, und an dem halben Hippietrend, der vom Jahr übrig bleibt, gibt man ihnen auch noch die Schuld: Der ME hat MGMT 48 Stunden durch Belgien und die Niederlande begleitet. Nicht nur, um ihre Schuldfähigkeit zu überprüfen.

Der anerkannte Indie-Dresscode wurde 2008 erweitert. Enge Hosen und Ray-Ban-Sonnenbrillen dürfen natürlich bleiben. Doch junge Menschen schlingen sich nun auch bunte Tücher um den Hals, tragen Bänder oder sogar Blumen im Haar, Fellmützen auf dem Kopf, gebatikte Hemden in Übergrößen und Kleider bis unter die Knie. So spricht der Trend. Schuld daran sind MGMT. Das Duo aus New York lieferte allerdings nicht nur den nächsten Retromodestyle, der sich wunderbar mit der ca. seit dem Strokes-Debüt 2001 eingeführten Röhrenjeans-und-Stoffturnschuh-Uniform und den Farbklecksen des „New Rave“ kombinieren lässt. Mit den Singles „Kids“, „Time To Pretend“ und „Electric Feel“ – drei leicht verwunschene, vor allem aber elektropoppige Ohrwürmer mit cheesy Synthesizer-Melodien und postadoleszenten Texten – stellten sie den Indie-Soundtrack für 2008 fast allein zusammen.

Dass ihr Debüt oracular spectacular jedoch nicht nur aus diesen drei Hits besteht, sondern dass sich da ein ziemlich großer Soundkosmos auftut. Und dass aber vor allem diese drei Hits mit Hippiemusik kaum etwas zu tun haben. Dass ein zugegeben reichlich psychedelisches Musikvideo (zu „Time To Pretend“), eine mit ein paar einschlägigen Schlagwörtern gespickte Bandbiografie und ein Stoffschal, den Andrew VanWyngarden sich manchmal um die Stirn bindet, um seine Locken zu bändigen (ja gut, ab und an trug er auf der Bühne auch Kleider), unmöglich als Beweislast genügen können, um gleich einen Trend auszurufen: interessiert keinen. Spätestens seit der NME VanWyngarden Mitte November auf Platz 3 seiner „Cool List“ gehievt hat – diesen hippiesken VanWyngarden und nicht etwa seinen Kompagnon Ben Goldwasser, der immer nur Sonnenbrille und nie Frauenkleider trägt -, ist es wohl erst einmal ziemlich zwecklos, dagegen anzuargumentieren.

Gent taut auf

Die 235.000-Einwohner-Stadt Gent ist nicht nur die Hauptstadt der nordwestbelgischen Provinz Ostflandern, sie ist auch ein mittelalterliches Schmuckstück. Und so findet auch das (wie die gesamte Herbsttour) ausverkaufte MGMT-Konzert nicht in einem aus der Betonspritzdüse gegossenen Zweckbau statt, sondern im denkmalgeschützten Kunstencentrum Vooruit („Vorwärts“). 1500 Menschen im Stuck-strotzenden Konzertsaal dürfen sich freuen, dass Ben, Andrew und ihre dreiköpfige Liveband pünktlich um 23 Uhr in diese knapp 100 Jahre alte Kulisse spazieren. Sie tragen Röhrenjeans und T-Shirt. Ben Sonnenbrille. Aber auch im Publikum haben sich nur sehr wenige Mädchen eine Blume hinters Ohr gesteckt.

MGMT beginnen mit dem Ende: „Future Reflections“, der letzte Song von oracular spectacular, der nun allerdings schwer rockt mit zwei verzerrten elektrischen Gitarren, statt atmosphärisch zu flirren. Eine baumelt vor James Richardson Bauchansatz. Der 26-jährige Tourgitarrist, der uns bei jeder zukünftigen Begegnung so breit wie freundlich eins grinsen wird, trägt offenkundig nicht aus modischen, sondern ideologischen Gründen Metal-Shirts mit fantastischen Motiven: Die Aufführung fieser Classic-Rock-Soli ist ihm ein tiefes Anliegen. Das Schütteln seiner langen, strähnigen Mähne äußerer Ausdruck dieses Anliegens.

Die Band versteigt sich in ellenlange Psychedelic-Rock-Ouvertüren für Songs wie „4th Dimensional Transition“ und „Of Moons, Birds & Monsters“. Das Publikum wirkt leicht irritiert. Auch als nach einer Dreiviertelstunde mit „Time To Pretend“ endlich die erste Single kommt, will kein rechter Enthusiasmus aufkommen. Dabei spielen MGMT ein formal großartiges Konzert: fehlerfrei, der Sound außerordentlich gut, die Stimmung auf der Bühne ebenso. Das 13-minütige Prog-/B-Seiten-Epos „Metanoia“ gelingt ebenfalls hervorragend, trotz kniffliger Tempi- und Tonlagenwechsel und vierstimmiger Gesangspassagen, die auch für Queen eine Herausforderung dargestellt hätten. Beim Finale tauen die eineinhalb Tausend endlich auf: Zu „Electric Feel“ werfen die ersten ihre Arme in die Luft, bei „Kids“ kommt MGMT keiner mehr aus: Zum Halbplayback springen Ben, Andrew, James, Matt Asti (Bass) und Will Berman (Schlagzeug) mit Mikrofonen und Rasseln über die Bühne, singen und tanzen, und die Belgier springen mit. Aber keiner darf gehen, bevor James Richardson sich nicht ein letztes Mal die Gitarre um den Hals gehängt hat, um sich headbangend durch ein weiteres wahnwitziges Schweinerocksolo zu schlagen.

„Kids“ und frühe Experimente

Ben Goldwasser und Andrew VanWyngarden treffen 2001 an der Wesleyan University in Middletown, Connecticut, aufeinander. Sie studieren Musik und lernen sich in einem Seminar, das sich mit experimenteller Musik beschäftigt, kennen. Sie freunden sich an und gründen ein Jahr später die Band The Management. Ihre ersten Konzerte spielen sie auf Partys an der Eliteuni, an der auch Santogold karibisches und westafrikanisches Trommeln lernte. „Unser Professor hat uns Künstler wie John Cage und Terry Riley nähergebracht“, erzählt Ben, „und ich bin mir sicher, dass er damit auch die Attitüde und den Spirit der Musik von MGMT beeinflusst hat.“

Obwohl der Hit „Kids“ der erste Song ist, den Ben und Andrew 2002 schreiben, sind ihre frühen Konzerte dem, womit sie sich in ihrem Studium beschäftigt haben, noch weitaus näher: Sie loopen Instrumente und Geräusche, jagen Sprachtonspuren durch Gitarrenverzerrer, halten das Mikrofon an ein eingeschaltetes Radio, schreien sinnlose Texte durch den Soundbrei ins Publikum. „Es war so etwas wie sarkastische Dance-Musik“, sagt Andrew. Die beiden sind sich einig, dass dieser konfrontative Charakter der frühen Konzerte auch heute ein wichtiger Bestandteil ihrer Musik sein soll.  Wenn er auch zur Zeit etwas im Hintergrund steht.

Nach dem Abschluss 2005 veröffentlichen sie, mittlerweile als MGMT, auf dem Label von Kommilitonen die EP „Time To Pretend“ und gehen als Vorgruppe von Of Montreal auf Tour. Als ein Jahr später Rick Rubin bei Columbia Records dafür sorgt, dass MGMT endlich ein ordentlicher Plattenvertrag angeboten wird, existiert die Band eigentlich schon nicht mehr. Zwar wohnen und jobben beide in Brooklyn, doch über gelegentliche Home-Recording-Sessions reichen ihre Band-Ambitionen nicht mehr hinaus. „Sehr unwahrscheinlich, dass wir mit MGMT weitergemacht hätten“, sagt Ben. Doch Sony-Columbia bietet ihm und Andrew einen gut dotierten Vertrag über vier Alben an. Sie unterschreiben.

Im Culture Club

Das Ticket für das Konzert im Vooruit gilt gleichzeitig als Eintnttskarte zur Aftershowparty im Culrure Club. (Der heißt tatsächlich so, hat mit „New Romantic“ aber nichts am Hut.) MGMT werden dort auch auflegen. Der Club im Industriegebiet von Gent ist eine stylische Elektrodisco mit orange leuchtenden Wänden und futuristisch gemeinten Plastikquadern, auf denen man seinen Drink abstellt. Seine Wege führen treppauf, treppab, auch in einen Glasgang, von dem aus man DJ-Pult und Dancefloor einsehen kann. Zum Aufwärmen legen die Haus-DJs Ramsch-Techno auf. Der Großraumdiscosound scheint allerdings geläufig, auf der Tanzfläche brummt es Beim Set von Ben Goldwasser und Andrew VanWyngardj wird hingegen fast gar nicht getanzt. Weder wollen die beiden den Technobeat nach Art des Hauses aufrechterhalten, noch halten sie ihr Versprechen, das sie den belgischen Abgesandten ihrer Plattenfirma gegeben haben.  „Wir werden vor allem 8oer-Jahre-Songs auflegen!“, haben sie gesagt und dann komisch gegrinst. Ben und Andrew mixen kruden Elektro, Progressive Rock, HipHop und New Wave, ohne sich für Übergänge oder die Dramaturgie ihres Sets zu interessieren. In mehreren Reihen hintereinander stehen Mädchen und fotografieren. Nach einer guten Stunde übernehmen die clubeigenen Unterhalter wieder und bedanken sich mit einem Soulwax-Remix von „Kids“ – ein belgischer Abschiedsgniß.

Amsterdam am Nachmittag

Das Kopfsteinpflaster ist glitschig, weil nass. Ein schneidiger Wind bläst den Nieselregen durch die engen Straßen und Grachten der Altstadt. In acht Stunden werden MGMT im Amsterdamer Melkweg auf die Bühne gehen. Doch jetzt schon sitzen vier Mädchen an die gläserne Eingangstür gelehnt vor dem Kulturzentrum. Das kurze Vordach hält die feinen Tropfen kaum ab, aus den Regencapes schauen nur die Chucks und Köpfe hervor. Sie sind vielleicht 16 und wollen hier sitzen bleiben, bis das Melkweg aufmacht, sagen sie, und dann, so hoffen sie sehnsüchtig, werden bestimmt auch Ben und Andrew irgendwann hier draußen auftauchen.

Doch das kann dauern. Die Band flätzt schon längst auf den Sofas ihres Dressing Rooms. Die Nacht war kurz. James stöhnt und sucht Aspirin. Matt hat die Augen geschlossen, bewegt sich nicht, sagt nichts. Selbst der klein gewachsene, gestern noch tough und souverän organisierende Tourmanager Tim bleibt heute sehr blass. Andrew geht es besonders mies: Seit Tagen leidet er unter einer fiesen Zahnwurzelentzündung. „Ist über Nacht noch mal schlimmer geworden. Er zeigt uns seine geschwollene Wange. Nützt aber nichts, es stehen wieder Interviews an. Sie brauchen hier jetzt wirklich unbedingt Schmerztabletten!

Der gut aussehende Holländer, Mitte 20, mit braunem, verstrubbeltem Haar, schwarzer Lederjacke und einem astreinen Zahnpastalächeln flirtet mit der blonden Promoterin. Als sich Ben und Andrew zu ihm an den Tisch setzen, strahlt er noch heller und drückt den Knopf auf seinem digitalen Aufnahmegerät: „Welche CDs habt ihr in letzter Zeit so gekauft?“ Ben: „Hm. Wir sind ja auf Tour …da kommen wir nur selten dazu, CDs zu kaufen. Wir hören im Moment viel 8oer-Musik im Bus. Und Suicide, natürlich.“ „Verstehe. Aufweichen Konzerten wart ihr in letzter Zeit so?“ Andrew konzentriert sich auf seine Zahnwurzel. Ben: „Wir haben kaum Zeit, andere Konzerte anzuschauen, weil wir ja seit einem Jahr auf Tour sind …im Sommer hob ich an einem freien Tag in Paris My Bloody Valentine in gesehen.“ „Ah, verstehe. Habt ihr eine absolute Lieblingsliveband?“ Ben schaut Andrew an, der zuckt mit den Schultern. Der Journalist hakt nach: „Bei mir sind das Arcade Fire und Radiohead, da bin ich immer ganz überwältigt… das müsste euch bei Radiohead doch eigentlich auch so gehen, oder nicht?“ „Äh, na ja, Radiohead, ja, die mögen wir schon…“ „Okay, dann kommen wir jetzt zu was anderem: Geht ihr oft ins Kino?“ Tim, der Tourmanager, steht auf und verlässt kopfschüttelnd den Raum. „Dazu haben wir kaum Zeit, weißt du, wir sind seit einem Jahr auf Tour…“

Als der Mann vom „Oor“-Musikmagazin den Raum verlassen hat, legt Andrew seinen Kopf auf den Tisch und stöhnt. „Ich brauche einen Kaffee!“, sagt Ben. Gute Idee. Als ich als Erster zu Andrew zurückkehre, sitzen ihm bereits zwei Mädchen Anfang 20 mit Schreibblöcken gegenüber. Sie haben als Geschenk eine Schüssel frische Muttererde mitgebracht. Wegen der „Digging out worms“-Zeile in „Time To Pretend“. „Was stört dich an Ben?“, fragen sie. Andrew grinst. „Ben schmatzt.“ Ben kommt wieder. Jetzt er: „Was mich an Andrew stört?“ Er gluckst. „Andrew… na ja, er duscht nicht so oft. Er riecht.“ „Ey! Ich dusche jeden Tag!“ Ben freut sich wie ein Kind über seinen Gag. Die Mädchen lachen mit und flirten mit den Musikern. Dann sind wir an der Reihe. Nicht mit Flirten…

Ich habe mich gestern in Cent mit Leuten im Publikum unterhalten. Ein paar waren etwas enttäuscht, weil sie auch ein bisschen was Neues erwartet hatten. Ist es für euch nicht auch ermüdend, ein Jahr lang mit den gleichen Songs auf Tour zu sein?

Ben: Ja, absolut. Wir wollen auch nicht mehr so lange touren, sondern zwischendurch Zeit haben, um an neuer Musik zu arbeiten.

Andrew: Das alles hat so verrückte Formen angenommen. Alles ist so durchgeplant und kontrolliert, dass ich oft davonlaufen möchte. Und, so gerne ich mir die Städte auch anschauen würde: Wenn wir Pause haben, schlafe ich eigentlich nur.

Wisst ihr schon, wie die kommenden Songs klingen werden? Entwickelt ihr euch nach der 13-minütigen B-Seite „Metanoia“ noch mehr in Richtung Prog-Rock?

Andrew: Nee. Als wir oracular spectacular aufgenommen haben, haben wir viel David Bowie und Dennis Wilson gehört. Zur Zeit sind wir auf einem New-Wave-, Industrial-Trip… Die nächste Platte wird also eher 80er-Jahre-mäßig werden.

Ben: Und tanzbarer! (grinst)

Andrew: Nicht „tanzbar-tanzbar“… „verstörend-tanzbar“!

Ben: Yeah. Wir wollen ein bizarres, unheimliches Album machen, zu dem die Leute von selbst anfangen zu tanzen, bis sie angewidert feststellen, zu was sie sich da gerade eigentlich bewegen. Aber sie werden trotzdem Spaß haben, (lacht)

Wenn ihr die ganze Zeit auf Tour seid: Woher nehmt ihr Ideen für neue Songs?

Ben: Wenn sich die Erfahrungen eines Jahres darauf beschränken, in einem Bus zu sitzen, Konzerte zu spielen und auf abgefahrene Partys zu gehen, ist es nicht so leicht, neue Songideen zu finden. Wir wollen Songs über das wahre Leben schreiben. Über echte Erfahrungen: auf dem Land sein, am Strand liegen… so was. (lacht)

Andrew: Wenn ich auf Tour Songs schreiben würde, würde ich über Orte schreiben, an denen ich gerade lieber wäre.

Ben: Dabei käme so etwas wie „Take Me Home“ heraus… (lacht mit)

Andrew: Nein. Eher „Two Trips To Paradise“! (lach mit)

In den höchsten Tönen

„Butthead. Butthead.“ James Richardson testet sein Mikrofon „Butthead. Ich mach doch nur Spaß! Butthead.“ Die drei Schlackse der New Yorker Vorgruppe A Place To Bury Strangers lehnen mit zwei Roadies im leeren Konzertsaal an der Wand und lachen sich kaputt. „Butthead.“ James Richardson grinst noch breiter als sonst. Ob jemand wüsste, wo hier der nächste Coffee Shop ist, hatte er vor ca. zwei Stunden gefragt. Hinter ihm trudelt die restliche Band ein. Zeit für den Soundcheck. James beginnt mit einem Reggae-Offbeat auf der Gitarre. Matt und Will steigen ein, Andrew spielt ein spontanes Solo. Mit dem Rücken zur Welt versinkt er darin, seiner Gitarre die höchsten Töne zu entlocken. Die anderen lassen sich schnell wieder aus dem Jam fallen, doch Andrew bricht erst ab, als Ben nachbohrt: „Können wir jetzt vielleicht mal einen Song spielen?“ Sie proben den Übergang in „Metanoia“, den Matt am Bass regelmäßig vergeigt. Er muss den Takt halten. Genau das ist das Problem. Ben dirigiert mit erhobenem Zeigefinger, bis es sitzt.

Das Konzert am Abend wird zum Triumph. Das Publikum begrüßt die Band mit frenetischem Jubel, jeder Song erhält mehr Applaus als „Kids“ am Vorabend in Gent. Bei „Time To Pretend“ singt der Saal die Zeile mit den Würmern lauthals mit: „I’ll miss the playgrounds and the animals and digging up worms“. Andrew ist so gerührt, dass ihm kurz die Stimme versagt. Nicht einmal das Prog-Ungetüm „Metanoia“ – Matts Übergang sitzt! – kann das Publikum einschüchtern. Und siehe da: Sie tragen Blumen und Bänder in Amsterdam, und manche Kleider reichen bis übers Knie.

Versucht ihr, Einfluss darauf zu nehmen, wie ihr von  außen wahrgenommen werdet-oder ist das ohnehin zwecklos?

Ben: Als wir noch keine etablierte Band waren, war es einfacher. Wir haben seltener gespielt und konnten uns so immer bewusst entscheiden, wer wir sein wollten. Jetzt herrscht ein spürbarer Druck auf uns, von der Plattenfirma, von den Medien. Man soll uns leicht einsortieren können. Es soll klar sein, welche Band zu welcher Szene gehört, damit man weiß, welche Band man hören darf , weil sie gerade cool ist. Wir haben keine Lust, da mitzumachen.

Und habt ihr Lust auf dieses Hippie-Image, das euch anhaftet?

Andrew: Wir haben uns nie Gedanken über ein Band-Image gemacht. Mit dem Plattenvertrag  mussten wir zum ersten Mal über so etwas nachdenken. Ich denke, das Video zu „Time To Pretend“ trägt die größte Schuld daran, dass wir dieses Hippie-Image haben. Ich selbst halte uns nicht für Hippies.

Ben: Das war ja auch mehr eine ironische Geste , als dass wir ernsthaft behauptet hätten, die Vorreiter für eine neue Hippie-Bewegung spielen zu wollen. Wir hören im Tourbus zwar viel Zeug aus den 70ern, Grateful Dead und so, aber nicht nur. Genauso gern hören wir Punk, New Wave und Reggae.

Ich habe den Eindruck, dass die Quintessenz von „Time To Pretend“ – also das „so tun als ob“, euer ironisches Spiel mit dem Image – Wie eine Fassade funktioniert, hinter der ihr euch versteckt, um Distanz zu dem Zirkus um eure Band zu wahren…

Andrew: Ja, absolut. Wir schlüpfen zwar nicht in komplett andere Rollen, wenn wir live spielen oder Interviews geben. Wenn du irgendwo MGMT siehst, sind das natürlich wir. Aber manchmal hüllen wir uns gerne in Ironie, flüchten uns in alberne, schwachsinnige Posen, um der Realität ein bisschen auszuweichen.

Aber besteht dadurch nicht erst recht die Gefahr, missverstanden zu werden? Die ganze Welt glaubt, dass ihr Hippies seid.

Andrew: Wir werden andauernd missverstanden. Vor allem die Franzosen scheinen noch nie von Ironie gehört zu haben. Wenn ich in Frankreich erzähle, dass ich Katzen esse oder dass wir jede Nacht Orgien mit Groupies feiern… kaufen die Franzosen mir das ab. (lacht) Ich glaube aber, unsere Fans verstehen das schon.

Apropos: Draußen sitzen schon seit Stunden Mädchen vor der Tür und hoffen, euch zu Gesicht zu bekommen …

Andrew: Verrückt, oder? Wir steigen morgens verpennt aus dem Bus, und da stehen schon die Mädchen mit Handykameras. Solange sie nett sind, lasse ich mich mit ihnen fotografieren, ich will ja kein „No Pictures!“-Arsch sein.

Ben: Ich war immer schon ein sehr introvertierter Mensch, und ich glaube sowas macht mich nur noch introvertierter.

Andrew: Wir versuchen, das alles nicht zu ernst zu nehmen. Sonst fällst du in so eine Selbstverliebtheit…

Ben: (flüstert) Yeah, you’re so awesome. You’re the greatest. You must be the best band in the world!“ Ich hätte nicht gedacht, dass es Bands gibt, die das glauben, wenn man ihnen sagt, dass sie die Größten sind. Aber einer aus unserer Crew hat mir erzählt – und daran sieht man, wohin das führen kann -, dass er mal mit einer bekannten Band im Studio war. Ich nenne keinen Namen, aber die waren sich sicher: „Yeah, das wird auf jeden Fall der neue Hit!“ So was gibt’s also tatsächlich. Verrückt, oder?

Yeah, you’re so awesome. You’re the greatest. You must be the best band in the world!“ Ich hätte nicht gedacht, dass es Bands gibt, die das glauben, wenn man ihnen sagt, dass sie die Größten sind. Aber einer aus unserer Crew hat mir erzählt – und daran sieht man, wohin das führen kann -, dass er mal mit einer bekannten Band im Studio war. Ich nenne keinen Namen, aber die waren sich sicher: „Yeah, das wird auf jeden Fall der neue Hit!“ So was gibt’s also tatsächlich. Verrückt, oder?