Violent Femmes: Köln, E-Werk


PLÖTZLICH, AUS DEM NICHTS: DIE VIOLENT FEMMES. Sechs Jahre nach ihrem obskuren letzten – nur in Australien erschienenen – Album „Rock!!!!“ gehen die 80er-Indie-Helden aus Milwaukee, Wisconsin (hier ist das vielstrapazierte Attribut „Kult“ definitiv mal angebracht) auf Europa-Tour. Was verschafft uns die Ehre? Langeweile? Geldnot? Auf der Femmes-Homepage erfährt man, die Band arbeite derzeit an Alben (Plural!), die im Herbst veröffentlicht werden sollen. Jetzt stehen sie erstmal auf der Bühne – und sie spielen ihren ersten und einzigen Hit, den ultimativen alternativen Feten-Kracher der 80er: „Blister In The Sun“, jenen Song über die Freuden der Onanie, vom Debütalbum. Das Publikum ist textsicher, und auf einmal ist alles so wie einst im Mai. Im Mai 1982. Gordan Ganos Stimme quengelt, Brian Ritchie zupft am seinem akustischen Baß einen flotten Darm, und Drummer Guy Hoffman – der 1993 Gründungsmitglied Victor De Lorenzo ersetzte- bürstet mit den Besen sein Minimal-Schlagzeug ab. „Violent Femmes. American Music since 1981“ steht auf dem Transparent, das schön mittig über der Bühne prangt. Nach wie vor wühlen die Femmes ordentlich in der großen Schatztruhe uramerikanischer Musik-Country, Folk und Rock ’n‘ Roll – pappen hier und da eine gepflegte Punk-Attitüde drauf und wissen das Ganze auch clever ironisch zu brechen: Bei „Gone Daddy Gone“ klöppelt sich Brian Ritchie zum furztrockenen Beat von Hoffmann am Xylophon einen Wolf, und das scheinheilig-sakrale Jesus Walking On The Water“ schnarrt der strenggläubige Baptisten-Sohn Gano mit einer solchen Inbrunst, daß man sofort religiös werden möchte. Die Violent Femmes in den späten goern – eine hübsche Zeitreise, die nur dann ein wenig nervt, wenn die Band ins Kunstgewerblerische abdriftet. Wir warten auf den Herbst.