u-Ziq vom Planeten Mu


Mike Paradinas‘ Label Planet Mu verknüpft die losen Enden der aktuellsten elektronischen Musiken.

Es war Richard D. James alias Aphex Twin, der im Jahr 1993 das Album Tango N‘ Vectif auf seinem Label Rephlex veröffentlichte. Die Doppel-CD enthielt Reworks von Wohnzimmerrecordings, die der Londoner Mike Paradinas mit seinem damaligen musikalischen Partner Francis Naughton unter dem Projektnamen -Ziq aufgenommen hatte. Mit dieser Veröffentlichung hob Aphex Twin als einer der wichtigsten IDM-Acts der frühen 90er-Jahre -Ziq damals auf eine Stufe mit sich selbst.

Ein paar Jahre später nahm Virgin Records -Ziq, das mittlerweile zu Paradinas‘ Soloprojekt geworden war, unter Vertrag. Es müssen goldene Zeiten gewesen sein, in denen ein Label wie Virgin (damals unter anderem im Programm: Lenny Kravitz und Janet Jackson) sich um nicht unbedingt chartsstürmende elektronische Musik aus London kümmerte. Virgin gab Paradinas nicht nur vollkommene künstlerische Freiheit für seine Arbeit unter zahllosen Pseudonymen und für das Signing geistesverwandter Künstler, sondern auch ein eigenes Sublabel dazu: Planet Mu.

Ab 1998 schienen die goldenen Zeiten der Plattenindustrie vorbei zu sein, und Paradinas führte Planet Mu unabhängig von Virgin weiter; heute ist es eines von vier bis fünf Genre-definierenden Labels für elektronische Musik. Der New Yorker (Post-)Dubstep-Produzent FaltyDL und seine britische Kollegin Ikonika veröffentlichen ihre Musik auf Planet Mu. Aber auch neuere Acts wie Tropics, das Ein-Mann-Unternehmen des Briten Chris Ward, und Kuedo, das Projekt von Jamie Teasdale vom Dubstep-Duo Vex’d, sind auf Paradinas‘ Label zu Hause. Bei Planet Mu kommen die losen Enden der derzeit aktuellsten elektronischen Unterströmungen zusammen und bündeln sich zu einer Art Future Music. Einflüsse aus Dub(step), Ambient, Chillwave, Footwork und Bubbling werden zu einer ätherischen Impressionistenmusik aus analogen Synthesizersounds. Dort ist die Space-Disco nicht weit entfernt von dem Punkt, an dem der krautig-kosmische Urknall in den 70er-Jahren stattgefunden hat. Diese elektronische Musik ist näher dran am Pop als viele puristische Spielarten, weil sie sich der Mittel des Pop bedient, die Melodie ins Zentrum stellt, ohne dabei ganz Pop zu sein. Planet Mu leistet seinen Beitrag zum neuen „Trend“ der scheinbaren Ereignislosigkeit in der Musik, wie sie heute als Gegenentwurf zur rockenden Elektronik verstanden werden darf.