Manu Dibango


Was für eine Nacht! Alt-Jazz-Saxophonist Manu Dibango lud seine engsten Freunde (immerhin rund 300 Menschen) in eines der unzähli gen Pariser Bistros, trommelte rasch einige Musiker zusammen und gab ein Konzert. Nichts besonderes eigentlich – wenn Dibango, inzwischen 62 Jahre alt, nicht auch noch einen Mitschnitt dieses Gigs gemacht hätte, den es demnächst auf einer Doppel-CD namens ‚Lamastabastani‘ zu kaufen geben wird. Diese Spontaneität und Unkompliziertheit zeichnen auch Dibangos Musik seit jeher aus und beide haben ihn seit seinem Hit ‚Soul Makossa‘ aus dem Jahre 1973 zu einer festen Institution in der Afro-Jazz-Rock-Szene werden lassen.

Zur Erinnerung: Emmanuel „Manu“ Dibango wurde 1933 in Kamerun geboren, war bereits lsjährig nach Paris geschickt worden, um Klavier-Unterricht zu nehmen und hat seither in der Seine-Metropole eine zweite Heimat gefunden, die er heutzutage als seine „erste Wahl“ bezeichnet. Trotzdem meint er: „Mal ehrlich, ich bin Jazzer und damit so frei wie ein Vogel, der überall und nirgends zuhause ist. Da, wo ich schöne neue Musik höre, fühle ich mich wohl.“

Und so ist es kein Wunder, daß der Abend im ‚Le Petit Journal‘ zwar jede Menge afrikanischer Elemente in der Musik aufweist, aber auch Disco-Töne sind da zu hören, viel Jazz im Stil eines Duke Ellington oder Charlie Parker natürlich, Blues ä la Junior Walker und schon mal eine Prise Reggae oder HipHop. Allem voran freilich steht die Kunst der Improvisation, die Dibango wie kaum ein zweiter beherrscht – aus einer flüchtigen Idee kann dabei rasch eine 20-Minuten-Nummer werden, ohne daß der Hörer sich dabei allzusehr langweilt. Und zu fragen, welches seiner Stücke Dibango da gerade aus seinem reichhaltigen Oeuvre intoniert, kommt gar einem Sakrileg gleich. „Ich bin Künstler“, sagt der Maestro, „ich spiele stets das, was ich fühle.“ Daß diese völlige Freiheit nicht in gähnende Selbstbeweihräucherung und arrogante Überflüssigkeit umschlägt, dafür sorgt Manus großartige Band samt eines vierköpfigen klassischen Streichensembles, das der meist ausgelassenen Spielfreude gar einen Hauch von Seriosität verleiht. In dieser langen Nacht geht es allerdings nie um ein perfekt arrangiertes Konzert, sondern lediglich darum, eine relaxte Atmosphäre zu schaffen und den Zuhörer mit der Kunst purer Vitalität zu verzaubern. Wobei Dibango leider nicht immer genug aufpaßt, sodaß ihm die Konzentration (auch des Publikums) aus dem Ruder läuft.

Vier Stunden sind schlicht zuviel, um den Hörer durch die Bank hinweg zu packen. Um ehrlich zu sein: Trotz seiner langjährigen Erfahrung kann Manu die Aufmerksamkeit der Besucher beileibe nicht die ganze Nacht hindurch mit seinem Sound fesseln. Dafür ist er nach einiger Zeit schlicht zu beliebig, zu unaufdringlich und manches Mal sogar zu oberflächlich. Auch wenn der stets fröhliche Glatzkopf sich bemüht, ein bißchen Abwechslung in die Afro-Jazz-Sauce zu bringen – etwa mit Rap-Einlagen oder gar swingendem deutschem Liedgut – nach rund 90 Minuten macht sich Unruhe im Publikum breit, Nervosität, die ersten Gäste verlassen das Bistro. Am Schluß wird der König gar zum Narr: Zu einem Mann, der Witze erzählt und selbst am lautesten darüber lacht. So etwas sollte eine Legende seine Größe eigentlich nicht nötig haben.