Eno/Moebius/Roedelius – After The Heat

Vor über einem Jahr hatten die Kollegen vom englischen Melody Maker „Heroes“ von David Bowie zum besten Album des Jahres gekürt, weil es eine gelungene Kombination von englischem Rock und kontinentaler Musik darstellte. Wenn die Londoner Rock-Kritiker diesen Blickwinkel beibehalten, dann hat „After The Heat“ bei ihnen alle Chancen, das beste Album 1979 zu werden. Denn was die Zusammenarbeit der Deutschen Dieter Moebius und Hans-Joachim Roedelius mit dem Engländer Brian Eno (Ex-Roxy Music) hervorgebracht hat, klingt bedeutend mutiger und interessanter und birgt weitaus mehr Vielfalt als jene Bowie-LP. Eno hatte Moebius und Roedelius 1974 in Hamburg gehört, als die beiden noch zusammen mit Michael Rother in der Gruppe Harmonia auftraten. Enos Eindruck von damals: „Die wichtigste Rockmusik, die heute gemacht wird.“ Zwei Jahre später kam der weltenbummelnde Tastenmann Eno an die Weser und wollte mitmachen. In Conny Planks Studio bei Köln wurden die Ergebnisse gegenseitiger Inspiration eingespielt. Nach dem Auftakt mit „Cluster & Eno“ (Moebius und Roedelius firmieren als Duo unter dem Namen Cluster) folgt hier nun das attraktivere Album dieser internationalen Kooperation.

Wie der LP-Titel schon andeutet, brennen die drei liier kein Feuerwerk an Energiemusik ab. Nicht hektisch heiß, sondern gelassen geht es hier zu. Dabei sehr einfallsreich und intensiv. Nach- und nebeneinandergestellte Kontraste erzeugen Spannungen und fordern auch die Hörgewohnheiten emsiger Rockfans heraus. Unterschiedliche Elemente – schwerbewegliche, wühlende Synthesizerklänge, sanftes,glattes Schweben, entspannter, melodischer Gesang, zarte, klare Klaviertupfer, maschinelle Rhythmusklänge – werden zu atmosphärestarken Bildern komponiert. Eno, Moebius und Roedelius hätten ihre Ideen ebenso gegeneinander aufwiegeln und zu vehementem Pathos aufmischen können, aber ihre coolen und offenen Charaktere bevorzugen reizvolle Vereinbarkeit, ohne je beim wässrigen Kompromiß zu landen. „The Belldog“ bildet den sechseinhalb Minuten langen Höhepunkt der LP. Hier verschmelzen kontinentale Schwere und angelsächsische Leichtigkeit in einem überaus melodischen Song.