Sounds now!


Love comes from unexpected Places, und das gleiche gilt für Innovation. Die zehn Künstler auf der Juli-CD kommen aus Ecken, die verschiedener kaum sein könnten und haben doch eines gemein: Sie geben der Popkultur der Gegenwart ent- scheidende Impulse.

The Brimstone Solar Radiation Band – Wake Up

7Oies-Psychedeuc-Rock hat seit den 7Oern nicht mehr so gut geklungen.

Das bestgehütete Geheimnis des norwegischen Städtchens Bergen (das in Sachen Musik nicht mehr viele Geheimnisse birgt): The Brimstone Solar Radiation Band veröffentlicht dieser Tage in Deutschland ihr Debüt, das – wer kann ihnen das bei diesem grandiosen Namen verdenken – schlicht und einfach selbstbetitelt ist. Nach einem folkigen Intro eröffnet „Wake Up“ mit voller Wucht diese wundervoll verschrobene Platte, die an Woodstock und die drei bis vier Sommer danach erinnert, ohne im Entferntesten gestrig zu klingen. Da demnächst bereits das zweite Album fertig gestellt sein wird, sind wir voller Hoffnung, daß die vier Norweger auch bald zu Konzerten erscheinen.

The Herbaliser – Gadget Funk

Von Weltraum-Rock aus Norwegen zu Space-Funk aus London: Ninja Tunes Meisterproduzenten veröffentlichen ihr bis dato bestes Album.

Jake Wherry und Ollie Teeba, die sich von Soundtracks aus den 60er-Jahren, P-Funk, Serge Gainsbourg, Jazz und intelligentem HipHop beeinflussen lassen, wachsen seit Mitte der 90er beständig mit jedem Album. „Gadget Funk“ ist ein brillant elektrifiziertes Instrumental, das auf dem Album zwischen abstrakten Klangkollagen und düsteren, anspruchsvollen Raps – u.a. beigesteuert von Roots Manuva und der grandiosen Jean Grey – die Tanzflächen der spärlich beleuchteten Clubs europäischer Grofistädte ins Visier nimmt. Mit TAake London ist The Herbaliser der erste wirklich große Wurf gelungen.

Roisin Murphy – Night Of The Dancing Flame

The First Lady of Moloko: Elektra-Pop von bizarrer Ästhetik.

Wer die exzentrische Sängerin von Moloko bei einem der besseren Auftritte ihrer Band erlebt hat, weiß, daß es zwischen unserer Welt und der ihren nur wenige Überschneidungspunkte gibt. Nach zahlreichen Interviews, die wir mit der faszinierenden Roisin Murphy geführt haben, waren wir auf vieles vorbereitet ihr Solo-Album Ruby Blue aber versetzte uns dann doch in Staunen. Die Entscheidung, die Produktion der Musik dem politisch gesinnten Avantgarde-Elektroniker Matthew Herbert zu überlassen, scheint zunächst gewagt, doch die beiden sind auf dergleichen Wellenlänge. Ihre Kollaboration ergab Songs von einer höchst ungewöhnlichen Sound-Ästhetik, die nach Wissenschaft und Zukunft klingen und dabei doch zugänglich und tanzbar sind.

One Seif – Bluebird

DJ Vadim, Blue Rum 13 und Yaroh Bravo: Eine „Supergroup“ der alternativen Beat-Kultur entwirft eine mögliche Zukunft des HipHop. „Ihr müßt für uns alle denken „, möchte man One Seif zuflüstern und wie Ingrid Bergman in Casablanca die Verantwortung für den Lauf der Dinge in die Hände derer legen, denen man vertraut. Weil es der russische Elektronik- und HipHop-Produzent DJ Vadim leid war, für jeden zweiten Track einen neuen Gastrapper zu organisieren, lud er den herausragenden amerikanischen MC Blue Rum 13 und die chilenisch-brasilianische Rapperin Yarah Bravo zu Sessions in sein neues Studio in London ein, die den Anfang einer dauerhaften Zusammenarbeit darstellten. Die Arbeit in einem festen Team hat alle Beteiligten offenbar mächtig inspiriert Children Of Possibility ist eines der progressivsten Alben, die im Bereich des abstrakten HipHop in den letzten Jahren erschienen sind.

Sons& Daughters – Red Receiver

Leicht- und eigensinniger Pop aus Schottlands größter Stadt. Obwohl Franz Ferdinand mit Sons & Daughters befreundet sind und die Band in höchsten Tönen loben, erschien jüngst The Repulsion Box ganz ohne das übliche Geschrei, das die Veröffentlichungen interessanter Alben englischer Bands in der UK-Presse meist begleitet. Die Band, die sich entweder nach einer australischen TV-Sitcom aus den 80er-Jahren oder nach der Zeile „Your sons and your daughters are beyond your command“ („The Times They Are A-Changin“, Bob Dylan) benannt hat, wurde von der Sängerin, Gitarristin und Pianistin Adele Bethel und dem Schlagzeuger David Gow in Glasgow gegründet.

Ryan Adams – Let It Ride

Der Rebell besinnt sich auf seine Stärken: Alt. Country mit Eiern. Nach langen Auseinandersetzungen mit seiner amerikanischen Plattenfirma Lost Highway, die Ryan Adams im Rahmen eines Complete Makeovers gerne ein B vor den Vornamen operiert hätte, veröffentlicht der eigensinnige Musiker nun ein Doppe(!)-Album mit Alternative Country. Was seinen Vertragspartnern in Nashville vermutlich Magenschmerzen bereitet, ist für seine Fans eine willkommene Rückkehr zur alten Form, Cold Roses knüpft stilistisch an die Whiskeytown-Ära an, ist qualitativ aber solider als jedes der Alben seiner einstigen Alt.Country-Band. Im Laufe des Jahres sollen außerdem die Alben September und 29 folgen. Ryan Adams bleibt unberechenbar.

Teenage Fanclub – It’s All ln My Mind

Die einstigen Alternative-Pioniere haben sich dem melodiösen Power-Pop verschrieben.

Kein Artikel über Teenage Fanclub, in dem nicht erwähnt wird, welch entscheidende Rolle für die Entwicklung des Grunge das hochklassige Debut A Catholic Education spielte, das die Schotten 1990 auf der Insel über Creation und in den USA über Matador veröffentlichten. Doch die Geschichte ging und geht weiter: Teenage Fanclub haben nicht nachgelassen und veröffentlichen in unregelmäßigen Abständen Alben, an denen es wenig zu mäkeln gibt. „It’s All In My Mind“ stammt aus dem neuen Werk MAN-MADE, das Norman Blake, Gerard Love, Francis MacDonald und Raymond McGinley letztes Jahr mit John McEntire (Tortoise) in Chicago aufgenommen haben.

The Coral – Arabian Sand

Ein vertontes Dali-Bild aus dem dritten Album der jungen Briten.

„Arabian Sand“, laut Sänger James Skelly „ein Song über das Dali-Bild „Man In The Desert“, war Ende April letzte Zugabe bei einem Konzert in London, das Noel Gallagher beeindruckt als „fucking brilliant“ bezeichnete. The Coral haben mit ihrem dritten Longplayer The Invisible Invasion bewiesen, daß sie trotz ihres jungen Durchschnittsalters (James ist mit 24 Jahren der Älteste) eine der beständigsten und kunsthandwerklich versiertesten britischen Bands der OOer-Jahresind.

The Robocop Kraus – Too True To Be Good

Warum soll man nicht internationale Ambitionen entwickeln, wenn man so genau den Zeitgeist trifft?

Wer The Robocop Kraus kürzlich live gesehen hat, wird festgestellt haben, wie schnell man doch vergessen kann, daß eine Band aus dem wenig glamourösen Nürnberg kommt. Die bayerische Combo ist hervorragend eingespielt, wird von einem manischen Sänger mit irrem Blick angeführt und schreibt Songs, die tanzbar sind und an die Talking Heads erinnern. Damit liegen sie derzeit genau im Trend und werden mit ein bißchen Glück und der Unterstützung des renommierten Labels Epitaph mit ihrem neuen Album They Think They Are The Robocop Kraus den Schritt ins Ausland schaffen.

TheCribs – We Can No Longer Cheat You

Strokes-beeinflusster Rock’n’Roll von drei Brüdern aus der Provinz.

Gary, Ryan und Ross Wakefield aus I dem britischen West Yorkshire, die als Kinder Ramones- und als Teenager Marilyn-Manson-Covers spielten, sind nach drei Tourneen mit den Libertines, Bloc Party und den Kaiser Chiefs erwachsen genug, um selbst als Headliner auf Tour zu gehen. Ihr zweites Album The New Fellas (Wichita Records) zeigt, daß The Cribs trotz deutlicher Strokes-, Sex-Pistols- und Bobby-Conn-Einflüsse ihren eigenen Stil gefunden haben.